BaFin überprüft Kapitalanlagen der Assekuranz in Bankanleihen undPfandbriefen // Sorge vor Ansteckung
Herbert Fromme , Köln
Die deutsche Finanzaufsicht befürchtet eine Ansteckung der Versicherungswirtschaft durch die Bankenkrise. Die Aufsichtsbehörde BaFin hat die großen in Deutschland tätigen Versicherer aufgefordert, ihr bis zum 7. November die genaue Höhe ihrer Geldanlagen bei Banken mitzuteilen. Das erfuhr die FTD aus Versicherungskreisen. Demnach müssen die Gesellschaften alle Formen der Kapitalanlage bei Geldinstituten beziffern sowie angeben, ob es sich um unbesicherte oder besicherte Anleihen handelt. Zu den besicherten Papieren gehören Pfandbriefe.
Die Sorgen der Aufseher zeigen, wie stark die derzeitigen Probleme der Banken wegen der Euro-Schuldenkrise auf das gesamte Finanzsystem ausstrahlen. Eine ähnliche Umfrage hatte die BaFin im Frühjahr durchgeführt. Diese ergab, dass die zehn größten Versicherer bis zu 55 Prozent ihrer Geldanlagen bei Banken investiert haben. Diese Zahl nannte Rolf Wenzel, Ministerialdirektor im Bundesfinanzministerium, kürzlich auf einer Konferenz. „Es gibt eine Ansteckungsgefahr“, sagte er.
In der Branche gibt es nun Befürchtungen, dass die BaFin die Gesellschaften auffordern wird, ihre Ausleihungen und Beteiligungen an Banken deutlich zurückzufahren. Das würde den Kreditinstituten die Refinanzierung zusätzlich erschweren. Wegen der Euro-Schuldenkrise haben einige Banken ohnehin Schwierigkeiten, Käufer für unbesicherte Bankanleihen zu verkraftbaren Zinsen zu finden. Die EU-Staaten erwägen deshalb jetzt, wie nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008 staatliche Garantien für Bankanleihen auszugeben.
„Es gibt keinerlei Druck der BaFin auf Versicherer, ihr Engagement bei den Banken zu reduzieren“, sagte dazu eine Sprecherin der Aufsichtsbehörde. „Das entspräche auch gar nicht den rechtlichen Möglichkeiten der BaFin. Wir können den Versicherern nicht sagen, wo sie investieren sollen.“
Die Furcht vor Druck zur Reduzierung der Bankengagements beruht auch auf den Plänen für die neuen EU-Eigenkapitalregeln (Solvency II). Für die Beteiligung an einer Bank müssen Versicherer im Standard-Risikomodell 100 Prozent als Eigenmittel unterlegen – beteiligen sie sich mit 100 Mio. Euro an einem Geldinstitut, benötigen sie dafür 100 Mio. Euro Eigenkapitalunterlegung. Bei Staatsanleihen von Euro-Ländern ist die Unterlegung dagegen null Prozent. „Das unterstellt, dass keine Bankbeteiligung werthaltig ist“, sagte ein hochrangiger Versicherungsmanager. „Offenbar will die Finanzaufsicht dafür sorgen, dass wir noch mehr in Staatsanleihen investieren.“ Damit aber könnten die Versicherer langfristig nicht die Renditen verdienen, die sie brauchen, um ihren Kunden gegebene Garantien zu erfüllen.
Bei der neuen Umfrage sollen die Versicherer auch melden, wie sich ihre Engagements bei deutschen und ausländischen Staatsanleihen entwickelt haben. Dabei geht es der Aufsicht nicht so sehr um griechische Staatsanleihen. Davon haben deutsche Versicherer Papiere für knapp 3 Mrd. Euro im Bestand, fast alle Unternehmen darauf bereits Abschreibungen vorgenommen. Die Kapitalanlagen der deutschen Versicherer betragen insgesamt 1250 Mrd. Euro, zusammen mit denen der Rückversicherer sind es knapp 1400 Mrd. Euro. Da spielen die direkten Engagements in Griechenland-Anleihen keine große Rolle.
Größere Befürchtungen haben die BaFin-Experten, wenn es um Staatsanleihen Italiens, Portugals und Spaniens geht. Allein Marktführer Allianz ist mit 29 Mrd. Euro in italienischen Papieren engagiert, die Generali Deuschland mit 5 Mrd. Euro.
Doch als Haupteinfallstor für die Krise bei den Versicherern gelten die Banken. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft fließen 15 Prozent der Kapitalanlagen oder knapp 190 Mrd. Euro an Banken zur direkten Refinanzierung in Form von Darlehen und Schuldscheindarlehen. Dazu kommen Pfandbriefe, die 24 Prozent oder 300 Mrd. Euro ausmachen. Außerdem sind die Versicherer direkt an zahlreichen Banken beteiligt. Der GDV schätzt, dass allein die Lebensversicherer rund 60 Prozent ihrer Kapitalanlagen bei Banken haben, einschließlich der Pfandbriefe.
Quelle: Financial Times Deutschland
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