Versicherungskonzern nimmt Kundenschwund in Kauf
Herbert Fromme , Köln
Deutschlands größter Versicherungskonzern Allianz erhöht zum 1. Januar 2012 die Preise für die Autoversicherung bei vielen Kunden drastisch. Das sorgt bei den 9600 Allianz-Vertretern für große Unruhe. Die Vermittler fürchten, Kunden zu verlieren. „Erhöhungen von 15 Prozent sind keine Seltenheit“, sagte einer der FTD. Ein anderer sprach von über 30 Prozent.
Heiße WettbewerbsphaseDie Allianz bestätigte, dass es spürbare Anpassungen gibt. „Wenn man die Neubeiträge und die Altbeiträge miteinander vergleicht, bewegt sich die Erhöhung im Durchschnitt aber im einstelligen Prozentbereich“, sagte Jens Lison, Vorstandsmitglied der Allianz Versicherung. Weil bislang viele Alttarife unter den Neutarifen lagen, kann die Erhöhung für viele Kunden jedoch de facto höher ausfallen. Lison erwartet eine leichte Zunahme der Kündigungszahlen. Auch andere Versicherer hätten öffentlich Preiserhöhungen angekündigt.
Die Nachricht von den Tariferhöhungen kommt pünktlich zur großen Wechselsaison in der Branche der deutschen Autoversicherer. Bis Ende November können wechselwillige Autofahrer noch bei ihrem alten Anbieter kündigen. Die Allianz wird ihren Kunden die neuen Preise erst im November mitteilen. Doch bei Erhöhungen gilt ein Sonderkündigungsrecht, Kunden können dann noch im Dezember gehen. Bei Autoversicherungen hatte die Allianz bereits 2010 die Marktführerschaft verloren – HUK-Coburg rückte damals mit 8,41 Millionen versicherten Fahrzeugen an die Spitze, die Münchner kamen auf 8,16 Millionen. Nur bei den Prämien liegt die Allianz weiterhin vorn.
Schwieriges GeschäftsfeldFür die Versicherer ist das Geschäft mit den Autoversicherungen das drittgrößte nach Lebens- und Krankenversicherungen. Jahrelang haben die Gesellschaften hier sehr gutes Geld verdient. Doch seit die Allianz 2004 einen Preiskrieg startete, gingen die Tarife nach unten. Zwischen 2005 und 2010 sind sie im Schnitt um 14 Prozent gesunken. Gleichzeitig verschlechterte sich die Schaden-Kosten-Quote branchenweit von 95,1 Prozent der Beitragseinnahmen im Jahr 2005 auf 107,4 Prozent 2010. Die Gesellschaften müssen also pro Euro Beitrag 1,07 Euro für Schäden, Schadenbearbeitung, Verwaltungs- und Vertriebskosten ausgeben. Zwar kassieren sie gerade in der Autoversicherung hohe Gewinne aus Kapitalanlagen. Aber trotzdem wird es immer schwerer, in diesem Bereich schwarze Zahlen zu erzielen.
Leitartikel: Seite 25
Quelle: Financial Times Deutschland
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