Institut muss Kapital um 2,9 Mrd. Euro stärken // Rettungsfonds Soffin stehtim Notfall bereit // EU signalisiert Milde
Tim Bartz, Karsten Röbisch, Reinhard Hönighaus, Meike Schreiber, Frankfurt, und Herbert Fromme, Köln
Der Commerzbank droht abermals der Gang zum Staat. Nach FTD-Informationen wird in der Führungsspitze darüber nachgedacht, notfalls erneut den bundeseigenen Rettungsfonds Soffin anzuzapfen – auch wenn das Institut am Donnerstag versicherte, die Lücke von 2,9 Mrd. Euro, den der Blitz-Stresstest der europäischen Bankenaufsicht EBA ermittelt hat, aus eigener Kraft schließen zu wollen.
Unklar ist freilich, ob die Bank Eigenkapital benötigt oder sich bei der Ausgabe von Anleihen Zins und Tilgung vom Soffin garantieren lässt. Das Geld wäre da: Der nach der Lehman-Pleite 2008 ins Leben gerufene Soffin soll nach Überlegungen der Regierung wiederbelebt werden, um in Notfällen beispringen zu können.
„Ich gehe da nicht noch mal hin“, hatte Commerzbank-Chef Martin Blessing am Mittwochabend mit Blick auf den Soffin in Hamburg gesagt. Für ihn wäre das tatsächlich eine Schmach: Bereits nach der Lehman-Pleite hatte der Bund sein Institut mit 18,2 Mrd. Euro retten müssen.
Den Großteil davon hat Blessing im Frühjahr dank einer Kapitalerhöhung zurückzahlen können. Jetzt will er durch den – wegen der Marktlage enorm schwierigen – Verkauf von Randbereichen und dem Einbehalten von Gewinnen die Kernkapitalquote der Bank so stärken, dass sie bis Juni 2012 auf die von der EBA geforderten neun Prozent der risikogewichteten Vermögenswerte kommt. Wie es in Frankfurt heißt, werde sich die Bank aber notfalls an den Soffin wenden.
Auch Deutsche Bank, Landesbank-Baden-Württemberg (LBBW) und Nord/LB müssen ihr Kapital stärken: Der Nord/LB fehlen 660 Mio. Euro, die LBBW 364 Mio. Euro. Beide wollen stille Einlagen in „hartes“, also voll für Verluste haftendes Kernkapital wandeln oder Dividenden einbehalten. Ihre Eigner – Länder und Sparkassen – sollen nicht bluten müssen.
Die Deutsche Bank, der rund 1,2 Mrd. Euro fehlen dürften, hatte zuvor bereits angekündigt, durch ein Maßnahmenbündel die Auflagen zu erfüllen. Sie ist bislang schon ohne Staatshilfen und die mit ihnen verbundenen Auflagen für Boni und Dividenden ausgekommen. Die staatliche Hypo Real Estate will zumindest ohne neue Anleihegarantien auskommen.
Europaweit ergab der Test für die 70 größten Banken 106 Mrd. Euro Kapitalbedarf. Anders als die spanischen Geldhäuser kamen Frankreichs Großbanken, die wegen ihres starken Engagements in Euro-Krisenstaaten seit Anfang Juli rund die Hälfte ihres Börsenwerts verloren haben, überraschend glimpflich davon. Sie brauchen nach dem Schuldenerlass für Athen 8,8 Mrd. Euro. Die Marktführer BNP Paribas und Société Générale, die 2,1 Mrd. Euro sowie 3,3 Mrd. Euro benötigen, lehnten Staatshilfe ab. An Europas Börsen zogen Bankaktien kräftig an, allen voran französische.
Bis Ende 2011 müssen die Banken ihren nationalen Aufsehern aufzeigen, wie sie an frisches Kapital kommen wollen. Vorrang haben stets die Mittelaufnahme über den Aktienmarkt, das Einbehalten von Gewinnen oder andere Maßnahmen, die sie in Eigenregie verantworten können – Staatshilfen sind nur die Ultima Ratio. Die Pläne werden mit der EBA abgestimmt, um sicherzustellen, dass es keine Alleingänge gibt, die andere Länder in Mitleidenschaft ziehen.
Dass jegliche Staatshilfen im Einklang mit dem EU-Beihilferecht stehen müssen, stellte die EU-Kommission klar. Zugleich signalisierte sie aber, Milde walten zu lassen – etwa bei möglichen Gegenleistungen der Banken. Das Maß der Auflagen werde „angepasst“, sagte ein Offizieller.
Erleichtert mit Blick auf die Gipfelbeschlüsse der EU-Mitgliedsländer reagierten auch die Versicherer. Sie sind traditionell stark engagiert bei Banken und Staatsanleihen. Insofern hängt ihr Schicksal an der Verfassung der Banken und der Lösung der Schuldenkrise. Den vereinbarten Schuldenschnitt für griechische Anleihen können zumindest die deutschen Versicherer verkraften. Insgesamt halten sie Hellas-Papiere im Wert von rund 3 Mrd. Euro im Bestand. Schwieriger würde es aber, falls auch Italien in Not geraten sollte: Dort war allein die Allianz per Ende Juni mit 29 Mrd. Euro in Staatsanleihen engagiert.
Euro-Rettung20, 21, 22, 23
Kopf des Tages3
Quelle: Financial Times Deutschland
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