Katastrophengeplagte Versicherer suchen ihr Heil verstärkt in demumstrittenen Instrument
Herbert Fromme , Köln
Einen kräftigen Anstieg der Verbriefung von Versicherungsrisiken erwarten Experten für den Rest des Jahres und das erste Quartal 2012. Der Grund: Zahlreiche Versicherer und Rückversicherer haben einen Teil ihrer Schadenreserven aufgelöst, um ihre Ergebnisse zu verbessern. Zudem müssen sie 2011 enorm viel für Schäden aus Naturkatastrophen zahlen, bislang bereits 86 Mrd. Dollar.
Jetzt suchen sie Schutzdeckungen und nutzen neben der klassischen Rückversicherung auch Verbriefungen. Ausgerechnet, schließlich wird denen eine Mitschuld an der Finanzkrise gegeben: Indem Banken solide, vor allem aber auch faule US-Immobilienkredite zu Anleihen gebündelt und weiterverkauft haben, wurden Risiken verschleiert, die beim Ende des Hauspreisbooms plötzlich sichtbar wurden und die Käufer verbriefter Kredite – zumeist ebenfalls Banken – in Not brachten. Seither sind Verbriefungen gleichsam stigmatisiert.
Bei Versicherungsverbriefungen erhalten Anleger einen Zins, der deutlich über dem Marktdurchschnitt liegt. Kommt es zum Schaden – einem Erdbeben, Sturm oder anderen, zuvor festgelegten Ereignis -, verlieren die Anleger im Extremfall das gesamte eingesetzte Kapital. Erst am Montag hatte der DAX-Konzern Munich Re bekannt gegeben, Sturmrisiken per Anleihe über 100 Mio. Dollar zu verbriefen.
„Bei den Reserven ist nicht mehr viel Luft“, sagt Dirk Lohmann, Chef der Schweizer Firma Secquaero, der FTD. „Die Rückversicherer sind deutlich schwächer reserviert als vor drei oder vier Jahren.“ Er kennt die Branche gut: Nach Jahren bei der Hannover Rück wechselte er zu Zurich Re, das er 2001 als Converium an die Börse brachte. Wegen hoher Altlasten geriet Converium in Not, Lohmann trat 2005 zurück. Heute gehört Converium dem Pariser Rivalen Scor. Lohmanns neue Firma ist als Berater im Gebiet Versicherungsverbriefungen unterwegs.
„Zurzeit sind die Risikoprämien bei Versicherungsverbriefungen ziemlich niedrig. Dazu kommt, dass Anleger sich auf Laufzeiten von drei oder fünf Jahren einlassen“, sagt Lohmann. Das könne für Emittenten sehr attraktiv sein: Sie erwerben Rückdeckungen für einen langen Zeitraum zu den heutigen, immer noch günstigen Preisen.
Zu verbrieften Risiken gehören neben Stürmen und Erdbeben auch Lebensversicherungsrisiken. Lohmann glaubt, dass 2011 das Emissionsvolumen knapp 5 Mrd. Dollar erreichen wird nach 4,6 Mrd. Dollar im vergangene Jahr. Das erste Halbjahr sei mit 1,9 Mrd. Dollar an neuen Emissionen schwach ausgefallen, weil große Transaktionen, die im Mai ausliefen, nicht verlängert worden seien.
Der Hintergrund: Die US-Firma Risk Management Solutions hatte für die Assekuranz ein neues Modell für die mögliche Belastung durch Sturmrisiken veröffentlicht. Die Schadenerwartungen in Nordamerika lagen plötzlich 50 bis 80 Prozent über den alten Annahmen. „Darauf reagierten große Gesellschaften mit einer Emissionspause, weil sie die neuen Risikoannahmen erst verstehen und einarbeiten mussten. Wir wissen aber, dass einige von den nicht verlängerten Transaktionen nachgeholt werden.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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