Staatsschuldenkrise und Naturkatastrophen belasten weltgrößtenRückversicherer // Konzern scheut Gewinnprognose
Herbert Fromme , Köln
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re spürt die Folgen der globalen Finanzkrise sowie der zahlreichen Naturkatastrophen dieses Jahres. Das Münchner DAX-Unternehmen unter Führung von Vorstandschef Nikolaus von Bomhard verdiente im dritten Quartal daher nur noch 290 Mio. Euro, zwei Drittel weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und deutlich unter den Schätzungen von Analysten. Zum Gewinneinbruch trugen Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen und Währungseinflüsse bei. Mit Kapitalanlagen verdiente der Konzern nur noch 1,34 Mrd. Euro, 39 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Die Situation ist derart heikel, dass Finanzchef Jörg Schneider eine Gewinnprognose für das Gesamtjahr 2011 scheut. „Wir erwarten für das vierte Quartal und das gesamte Jahr einen Gewinn“, sagte er. Aber eine Zahl zu nennen wäre „nicht seriös“. An der Dividende von 6,25 Euro pro Aktie will der Konzern, dessen Anteilscheine gestern leicht um 0,55 Prozent verloren, festhalten.
Eigentlich wollte Munich Re in diesem Jahr 2,4 Mrd. Euro verdienen. Das hatte das Unternehmen noch bei der Vorlage der Bilanz im Februar angekündigt. Doch die schweren Naturkatastrophen, darunter die Erdbeben in Japan und Neuseeland, sowie die Finanzkrise machen dem Rückversicherer einen Strich durch die Rechnung und führten sogar zu roten Zahlen im ersten Quartal 2011. Für das Gesamtjahr 2010 hatte Munich Re 2,43 Mrd. Euro Gewinn gemeldet.
Schneider drängte die Regierungen der Euro-Zone, ihre Staatsfinanzen zu sanieren. „Die besondere Herausforderung an die Politik besteht darin, jetzt für stabile Rahmenbedingungen zu sorgen“, sagte der Finanzvorstand. Klare Konzepte müssten her. „Wir sind überzeugt davon, dass es sich lohnt, die Euro-Zone zu stabilisieren.“
Die Verwerfungen an den Finanzmärkten trafen Munich Re gleich in mehrfacher Hinsicht: Wechselkursänderungen belasteten das Ergebnis im dritten Quartal mit 342 Mio. Euro. Seine griechischen Staatsanleihen schrieb der Konzern im Laufe des Jahres auf 39 Prozent ihres Nominalwerts ab. Das kostete ihn 933 Mio. Euro, 230 Mio. Euro davon fielen allein im dritten Quartal an.
Auf Anleihen Italiens, des derzeit größten europäischen Sorgenkinds, nahm der Konzern keine Abschreibungen vor. „Die sind nicht ausfallgefährdet.“ Allerdings reduzierte Munich Re den Bestand um 1,4 Mrd. Euro „mit einem kleinen Verlust“ und konzentriert sich jetzt auf Anleihen aus Deutschland und den USA, die als relativ sicherer Anlagehafen gelten.
Für das Unternehmen ist es ein kleiner Trost, dass Quartalszahlen von Rückversicherern weniger aussagekräftig sind als die Werte anderer Branchen. Denn auch im Neun-Monats-Vergleich ist 2011 ein schwieriges Jahr für den Rückversicherer. Anstatt 2 Mrd. Euro wie im Vorjahr verdiente der Konzern nur 80 Mio. Euro. Darin schlägt sich vor allem das tiefrote erste Quartal mit seinen Erdbeben- und Überflutungsschäden nieder.
Vorstand Torsten Jeworrek sagte, Munich Re verzeichne immerhin im Kerngeschäft Rückversicherung starkes Wachstum wegen der Kapitalknappheit der Kunden – das sind die Erstversicherer wie Allianz oder Axa, die ihrerseits mit Endkunden Geschäfte machen. Ein Versicherer braucht weniger Eigenkapital, sofern er Risiken nicht selbst trägt, sondern an einen Rückversicherer weitergibt.
Chinesische Autoversicherer sowie Lebensgesellschaften aus den USA brachten Munich Re mit Großverträgen einen Umsatzzuwachs um währungsbereinigte 16 Prozent in der Rückversicherung. „Aus China kamen zwei Verträge mit 800 Mio. Euro“, sagte Jeworrek.
In Europa gebe es erste Geschäfte mit Versicherern, die unter Kapitalknappheit wegen der Krise leiden, sagte Jeworrek weiter. Im Erstversicherungsgeschäft mit Endkunden, das Munich Re vor allem mit der Düsseldorfer Tochter Ergo betreibt, setzt die Gruppe nicht auf Sonderverkäufe zum Jahresende, wie es andere machen.
Zum 1. Januar 2012 sinkt der Garantiezins in der Lebensversicherung von 2,25 auf 1,75 Prozent. „Die Absenkung ist ökonomisch geboten und richtig“, sagte Ergo-Chef Torsten Oletzky. „Wir werden keinen Schlussverkauf machen.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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