Kunden sollen bleiben, wo sie sind

Private Krankenversicherer erschweren Tarifwechsel // Spezielle Dienstleister bieten Unterstützung an

Ilse Schlingensiepen

Der Bund der Versicherten (BdV) plant einen neuen Service für Mitglieder: Die Verbraucherschutzorganisation will Kunden der privaten Krankenversicherer (PKV) unterstützen, wenn sie bei ihrem Anbieter in einen anderen Tarif wechseln wollen. Bedarf für ein solches Angebot gibt es genug, weiß BdV-Justiziar Hajo Köster. „Wir haben immer wieder Fälle von Versicherten, die über Wochen und Monate versuchen, in einen anderen Tarif zu kommen“, sagt er.

PKV-Kunden haben das Recht, bei ihrem Unternehmen in einen Tarif mit gleichartigem Versicherungsschutz zu wechseln. Das ist besonders dann interessant, wenn der ursprünglich gewählte Tarif zu teuer geworden ist. Fassen Versicherte ein Angebot ins Auge, das mehr Leistungen als das bisherige enthält, wird eine erneute Gesundheitsprüfung fällig. Der Versicherer kann einen Risikozuschlag verlangen, den der Kunde durch einen Leistungsausschluss vermeiden kann.

Da der Tarifwechsel meistens mit einer geringeren Prämieneinnahme verbunden ist, gehen die meisten Unternehmen wenig enthusiastisch an die Umsetzung des Verbraucherrechts. Immer wieder berichten Kunden, dass die Versicherer auf ihre Schreiben nicht reagieren oder Vertreter nicht zurückrufen. Es kommt auch vor, dass sie Kunden vor angeblich drohenden Nachteilen wie einer Verschlechterung des Versicherungsschutzes warnen.

„Eines unserer Mitglieder ist fast ein Jahr lang hingehalten worden“, berichtet Köster. Nicht immer dauert es so lange, aber vier bis fünf Monate Wartezeit sind die Regel. Das hat System, vermutet Köster: Die Unternehmen versuchen auf diese Weise, die Versicherten von ihrem Vorhaben abzubringen. „Verbraucher, die den Tarif wechseln wollen, müssen sich auf ein langes Prozedere einstellen und beharrlich sein“, sagt er.

Der BdV fordert deshalb eine gesetzliche Regelung, nach der die Versicherer ihre Kunden von sich aus über das Wechselrecht informieren – und gleich passende Alternativen vorschlagen müssen. Bei Versicherten, die älter als 60 Jahre alt sind, ist die PKV schon heute dazu verpflichtet. Bei allen anderen reicht der formale Hinweis auf das Tarifwechselrecht, auch wenn er noch so klein ist.

Nach Einschätzung des PKV-Verbands hat die Branche mit dem Thema kein Problem. „Die Rechtslage ist eindeutig. Unsere Unternehmen halten sich an die gesetzlichen Vorgaben“, sagt ein Sprecher.

Dagegen spricht neben der Erfahrung vieler Versicherter die Tatsache, dass es inzwischen Unternehmen gibt, deren einziger Geschäftszweck es ist, PKV-Versicherten beim Tarifwechsel zu helfen. Anbieter wie Beitragsoptimierung24.de oder Widge.de suchen nach günstigen Alternativtarifen. Bei einem erfolgreichen Wechsel geben die Kunden einen Teil der erzielten Ersparnis an sie weiter. Bei Widge.de – der Name steht für Wechsel innerhalb der Gesellschaft – ist das der achtfache eingesparte Monatsbeitrag. Spart der Kunde monatlich 200 Euro, bekommt Widge.de 1600 Euro. „Wir treten mit unserer Dienstleistung komplett in Vorleistung“, sagt Gründer Ozan Sözeri, der lange Jahre als Versicherungsmakler gearbeitet hat. Widge.de habe inzwischen eine umfangreiche Datenbank mit den unterschiedlichen Tarifen aufgebaut.

Das Unternehmen bietet seit Anfang 2010 Hilfe beim Tarifwechsel an. „Das Interesse ist explodiert“, sagt Sözeri. Registrierte der Anbieter zunächst zehn Wechselanfragen pro Monat, sind es heute mehrere Dutzend pro Tag. Bislang hat Widge.de nach eigenen Angaben mehr als 2000 Wechsel erfolgreich durchgesetzt. „Die durchschnittliche Ersparnis beträgt 250 bis 300 Euro pro Monat.“

Köster vom BdV hält die Entgelte vieler Tarifwechsel-Unternehmen für zu hoch. Die Beteiligung der Anbieter an den erzielten Einsparungen könnte falsche Anreize setzen, warnt er. „Der Tarif mit der größten Ersparnis muss nicht der beste für den Kunden sein“, sagt er. Deshalb werde der BdV die Dienstleistung zu einem Festhonorar und zu „weitaus günstigeren Bedingungen“ anbieten, kündigt er an.

Quelle: Financial Times Deutschland

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