Thailand-Flut alarmiert Rückversicherer // Unternehmen sollen Lieferkettenoffenlegen
Herbert Fromme , Köln
Der Rückversicherer Munich Re will in 18 Monaten keine Risiken aus der indirekten Betriebsunterbrechung mehr abdecken, wenn die betreffenden Industrieunternehmen ihre Zulieferketten nicht offengelegt haben. Die Überflutung von sieben Industrieparks in Thailand hat bei dem weltgrößten Rückversicherer die Alarmglocken schellen lassen. „Für uns ist es zwingend, innerhalb von maximal 18 Monaten unsere Risiken genau quantifizieren zu können“, sagte Vorstand Torsten Jeworrek der FTD.
Die indirekte Betriebsunterbrechung zahlt dann, wenn ein Sachschaden bei Zulieferern zum Stillstand der Produktion führt – wie der Mangel an Festplatten eines Herstellers, dessen Anlage in der Flut steckt, für Probleme bei Computerherstellern sorgt.
Für den Rückversicherer besteht die Gefahr, von sehr hohen Forderungen aus indirekten Schäden nach Naturkatastrophen überrascht zu werden – weil er keinen Überblick hat, welche der von ihm direkt oder indirekt abgesicherten Firmen von Lieferanten etwa aus Thailand abhängen.
Die Industriekunden sind irritiert. „Wir können den in der Fristsetzung liegenden Vorwurf nicht nachvollziehen“, sagte Philipp Andreae, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands (DVS). Der DVS ist die Interessenvertretung der Industrie in Versicherungsfragen. Die Kunden wollten kooperieren, aber der Informationshunger der Assekuranz müsse ein vertretbares Maß haben. Es gebe Fragen, bei denen man nicht erkennen könne, warum sie bei der Bewertung des Risikos einen wirklichen Nutzen haben, sagte Andreae. „Das geht in die falsche Richtung.“
Jeworrek hatte bereits im September mit Blick auf das Japan-Erdbeben Einblick in die Lieferantenbücher der Industrie gefordert. Jetzt setzt der weltgrößte Rückversicherer erstmals eine Frist und droht mit Rückzug der Deckung. „Wir haben nach unseren Äußerungen im September eher wenig Widerhall gefunden“, sagte er.
„Solche Aufstellungen sind auch im Interesse der Industrieunternehmen selbst.“ Das Argument, es gebe schließlich eine günstige Versicherung, ziehe nicht. „Sie sind ihren Aktionären und ihren Kunden gegenüber verpflichtet, lieferfähig zu sein.“
In Thailand kämen Konzentrationen kritischer Industrien wie Halbleiterhersteller, Festplattenproduzenten und Autoteilewerke zusammen mit der Gefahr schwerer Fluten, sagte Jeworrek. Ähnliche Konzentrationen hat Munich Re in anderen Regionen ausgemacht, darunter Kalifornien mit seinen Erdbebenrisiken.
In Thailand selbst sei Munich Re nicht hoch engagiert, doch könnten die Folgeschäden eine beträchtliche Höhe erreichen. „Da gibt es Maschinen für die Halbleiterproduktion, die selbst nicht zerstört wurden durch die Flut. Aber weil der Strom ausgefallen ist, gibt es keine Klimaanlagen, und selbst in nur schwach überfluteten Anlagen steigt die Luftfeuchtigkeit stark an.“ Das reiche für schwere Defekte an den Anlagen – mit entsprechend langem Produktionsausfall.
Quelle: Financial Times Deutschland
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