Kolumne
Herbert Fromme
Der Mittelständler aus Süddeutschland ist verwirrt. Eben war der Angestellte eines internationalen Großmaklers bei ihm – jung, gut ausgebildet, fit im Job. Der erklärte ihm ausführlich eine mögliche Lösung für ein Spezialproblem und auch, warum sein Haus die beste Lösung anbietet.
Das hörte sich gut an. Aber noch überzeugender wäre der Auftritt gewesen, wenn nicht derselbe junge Mann ihn vor einem Jahr schon einmal im Auftrag eines rivalisierenden Großmaklers besucht hätte.
Der Mittelständler zieht Konsequenzen. Er macht das Geschäft mit einem kleineren, regional agierenden Makler, mit dem er bislang nur gelegentlich gearbeitet hatte. Aber dessen Chef kennt er seit 20 Jahren.
Das Personalkarussell bei den Großmaklern dreht sich immer schneller. Experten werden gesucht und können sich bei einem Wechsel zwischen Aon, Marsh und Willis deutliche Gehaltssteigerungen sichern. Für die Abwerberunden gibt es Gründe. Denn gute Experten sind auch bei den Maklern rar, werden aber gerade von den Konzernkunden verlangt.
Doch hier beginnt das Dilemma. Die großen Konzerne bedienen sich gerne der großen Maklerhäuser – allein schon deshalb, weil sie damit Einblicke in die gängigen Versicherungspreise für ihre Branche bekommen. Benchmarking heißt die Praxis. Ein deutscher Konzern kann schlecht seine amerikanischen Konkurrenten nach deren Versicherungsarrangements fragen. Der Großmakler wird zwar auch keine Geschäftsgeheimnisse seines US-Mandanten ausplaudern, aber seinem deutschen Kunden zumindest sagen können, ob er vergleichsweise zu viel bezahlt.
Diese sehr geschätzte Dienstleistung ist den Konzernkunden nur magere Festhonorare wert – nur ein kleiner Teil dieses Geschäfts wird noch über Provisionen entlohnt. Das Konzerngeschäft deckt seine Kosten kaum. Da bringt das mittelständische Geschäft deutlich mehr. Doch hier treffen die globalen Großmakler auf die stark wachsenden deutschen Rivalen. Zurzeit machen die kleineren Gesellschaften das Rennen und haben die größten Zuwächse aufzuweisen. Der teuer abgeworbene Experte für Großkonzerne muss im Mittelstand nicht unbedingt gut ankommen, das Personalkarussell erst recht nicht.
Die zentrale Frage ist, ob das Geschäftsmodell der Großmakler trägt: Full Service für eine Handvoll globaler Konzerne anzubieten, die dafür nicht genug zahlen wollen. Zurzeit steht das Modell unter Druck. Möglicherweise funktioniert es besser, wenn es unter den Megabrokern der Welt die eine oder andere Fusion gegeben hat. Das würde auch das gegenseitige Abwerben von Personal zumindest eindämmen.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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