Schiffskatastrophe könnte Preiserhöhung auslösen // Markt stagniert aufniedrigem Niveau
Herbert Fromme , Köln
Die Havarie des Kreuzfahrtschiffes „Costa Concordia“ kostet die globalen Versicherungsmärkte nach bisherigen Schätzungen mehr als 500 Mio. Euro. Dennoch ist keineswegs ausgemacht, dass der Megaschaden zu der Preiswende führt, die Schiffsversicherer seit Jahren herbeisehnen.
„Die Marktergebnisse in der Schiffsversicherung sind seit Jahren nicht gut“, sagte Volker Bergeest aus der Leitung der Allianz Global Corporate & Specialty. „Trotz spürbarer Schäden in den vergangenen Jahren sind die Preise in der Vertragserneuerung Ende 2011 für das Jahr 2012 nicht nach oben gegangen.“ Seine Erklärung: „Es gibt zu viel Kapital, das ist ein Ergebnis der Kapitalmarktblase.“
Der Weltmarkt für die Schiffsversicherung ist vergleichsweise klein – 2010 nahmen alle Gesellschaften insgesamt nur 7,55 Mrd. Dollar (damals 5,7 Mrd. Euro) ein. Neben der Allianz gehören der norwegische Versicherer Gard und Tokio Marine aus Japan zu den wichtigsten Anbietern.
Einen Großschaden in der Größenordung, den der Unfall der „Costa Concordia“ verursacht habe, hat der Markt laut Bergeest noch nicht gesehen. „Aber es bleibt abzuwarten, ob dieser Schaden wirklich zu der längst überfälligen Marktwende führt.“ Hans-Christoph Enge vom Bremer Spezialanbieter Lampe & Schwartze hat ebenfalls Zweifel: „Das liegt auch daran, dass viele Versicherer trotz schwacher Preise in den vergangenen Jahren noch schwarze Zahlen geschrieben haben.“
Allerdings könne sich der Unfall psychologisch auswirken, so Enge. „Dass in einem scheinbar so sicheren Segment wie der modernen Schifffahrt eine ,Costa Concordia` so einfach havariert und einen solchen Megaschaden verursacht, das könnte Anbieter zum Nachdenken bringen“, sagte Enge. Im Jahr 2004 war in Bremerhaven an einem Ausrüstungskai der Lloyd Werft die „Pride of America“ gesunken, die Versicherer mussten daraufhin 175 Mio. Euro zahlen. „Das hat den Versicherungsmarkt für Schiffe, die im Bau sind, komplett gedreht“, sagte Enge.
Zum Costa-Concordia-Schaden will Allianz-Manager Bergeest keine Einzelheiten nennen – die Allianz ist an dem Konsortium beteiligt, das mit der Costa-Mutter Carnival Vertraulichkeit vereinbart hat. Nach Angaben aus Londoner Versicherungskreisen führt die britische Royal Sun Alliance (RSA) das Risiko für die Schiffsversicherung unter einem Programm, das der Makler Aon für alle Carnival-Schiffe aufgelegt hat. Beteiligt sind neben RSA und Allianz auch Generali, XL, Lloyd`s Syndicate, viele weitere Gesellschaften sowie Rückversicherer. „Das Risiko ist weit gestreut“, sagte ein Insider.
Das Haftpflichtrisiko wird von zwei Gegenseitigkeitsvereinen der Reeder gedeckt, Standard und Steamship. Aber auch hier sind viele Gesellschaften als Rückversicherer beteiligt. Die Haftpflichtversicherung muss Ansprüche von Passagieren befriedigen sowie bei einer Aufgabe des Wracks die Entsorgung zahlen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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