Munich-Re-Tochter will niederländische und österreichische Firmen versichern// Konkurrenz mit den Kunden der Mutter
Herbert Fromme und
Anne-Christin Gröger , Düsseldorf
Der Versicherer Ergo baut das Geschäft mit Industriekunden in Europa aus und gründet dafür Niederlassungen in den Niederlanden und in Österreich. In wenigen Jahren soll Frankreich folgen. Bislang ist Ergo im Ausland nur im Privatkundensegment tätig. „Wir wollen in diesen drei Märkten mit allen für die Industrie relevanten Sparten vertreten sein“, sagte Vorstand Christian Diedrich der FTD.
Der Markt für deutsche Industriekunden stagniert, deshalb geht Ergo jetzt in die Nachbarländer. Dort zielt das Unternehmen ausdrücklich nicht auf die Niederlassungen deutscher Kunden, sondern jeweils auf einheimische Unternehmen.
Ergo gehört dem weltgrößten Rückversicherer Munich Re, der selbst und über andere Tochtergesellschaften Industrieversicherung betreibt. Doch der konzerninterne Wettbewerb sei kein Problem, sagte Diedrich. Ergo könne mit seinem Angebot bestehen. Gleichzeitig konkurriert Ergo dort mit anderen Versicherungsgesellschaften – die ihrerseits Kunden des Rückversicherers Munich Re sind. Diedrich sieht auch darin kein Problem, schließlich betrieben Mutter und Tochter das Geschäft überschneidungsfrei, was Zielmärkte und Zielkunden betrifft.
In allen drei Zielländern sind bereits zahlreiche Versicherer aktiv. „Wir kommen in einen umkämpften Markt“, sagte Diedrich. Er glaubt trotzdem, eine Chance zu haben. Ergo könne Besonderes bieten. „Dort lassen viele Industrieversicherer die Schäden von Dienstleistern oder Anwälten regulieren“, sagte er. „Wir machen die Schadenregulierung selbst.“ Auch bei der Beratung der Kunden in Risikofragen sei Ergo weiter als viele Konkurrenten. „Das bestätigen uns die Makler, die uns ausdrücklich ermutigen, in diese Märkte zu gehen.“
Das Angebot soll für niederländische und österreichische Gewerbe- und Industriekunden aus dem Mittelstand gelten, die Risiken in ihren Heimatländern absichern wollen. Internationale und sehr große Industrierisiken will Ergo weiterhin über den Bereich Internationales zeichnen. Das Angebot umfasst die klassische Industrieversicherung, samt Feuerdeckungen, Haftpflicht und Vermögensschadenhaftpflicht. In Frankreich gehören Juweliere zur Hauptzielgruppe.
Seit mehr als einem Jahr testet Diedrich die Märkte, indem er Unternehmen in den drei Ländern Policen aus Düsseldorf heraus anbietet – ohne direkte Präsenz vor Ort. Doch jetzt müsse Ergo die neuen Märkte auch organisatorisch angehen und Niederlassungen gründen. „Gerade in Österreich kommt man nur durch Präsenz an Geschäft“, sagte er. Bis 2019 will Diedrich in den drei Ländern ein Geschäftsvolumen von 100 Mio. Euro erreichen. Derzeit liegt es bei 11 Mio. Euro in Österreich und den Niederlanden.
Diedrichs Versuch, über die Auslandsexpansion Wachstum zu generieren, folgt dem konsequenten Ausbau von Nischen. Ergo ist aktiv in der Kaskodeckung von Seeschiffen und bei Piraterie und Kidnapping. „Wir sind im vergangenen Jahr wieder leicht über dem Markt gewachsen“, sagte Diedrich. „2011 kommen wir auf etwa 800 Mio. Euro Prämie in der Industrie- und Gewerbeversicherung.“
Damit gehört Ergo zu den führenden sechs Gesellschaften im deutschen Industrie- und Gewerbemarkt – neben Allianz, Talanx, Axa, Zurich und R+V. Weil die Versicherer unterschiedliche Werte für die Abgrenzung des Industriegeschäfts von anderen Sparten nutzen, ist eine saubere Rangfolge kaum darstellbar.
Bedeutender ist die Rolle in der Schiffsversicherung. Zwar ist diese Sparte in Deutschland mit etwa 80 Mio. Euro Prämienvolumen eine Nische. Mit einem Umsatz von etwa 17 Mio. Euro in Kasko und knapp 20 Mio. Euro bei Piraterie kann Ergo sich aber zu den großen Anbietern in dem Bereich zählen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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