Eigner kleiner Frachter gründen Genossenschaften // Kunden fürchten Kartellund rufen EU an
In ihrem Kampf um wirtschaftliches Überleben haben die Eigner Hunderter kleiner Containerfrachter und Massengutschiffe aus Deutschland und den Niederlanden zwei Genossenschaften gegründet. Doch der Versuch, enger zusammenzuarbeiten, könnte für die Reeder zu spät kommen: Ihre Kunden, die die Schiffe mieten, wittern ein Kartell und wollen die Wettbewerbshüter der EU alarmieren.
Die European Minibulk eG und die Container Feeder eG vertreten derzeit die Eigentümer von rund 300 Schiffen. Beide haben ihren Sitz in Haren (Ems). In dieser Region gibt es besonders viele Reeder mit kleinen Schiffen. Sie verchartern, sprich vermieten die Frachter an große Schifffahrtsunternehmen, die dann für Ladung sorgen. Doch die Charterraten sind eingebrochen, die Einnahmen reichen bei vielen Schiffen nicht einmal, um die auf ihnen lastenden Kredite zu tilgen.
Experten fordern schon lange eine Konsolidierung der Branche, doch gerade die kleinen Reedereien haben sich bislang heftig dagegen gewehrt, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. „Aber Eigenständigkeit kostet Geld, und das ist heutzutage knapp,“ sagt Joachim van Grieken, Geschäftsführer der Genossenschaften. In Zukunft wolle man etwa den Einkauf zentral organisieren und damit Geld sparen.
Damit hätten die Charterer der Schiffe kein Problem. Doch es ist bei den Genossen auch von „gemeinsamer Vermarktung“ die Rede. Das hat die Charterer hellhörig werden lassen. Sie vermuten, dass die Reeder Charterraten absprechen und ein Mindestniveau festlegen wollen, das ihr Überleben sichert. Schon die Ankündigung eines solchen Kartells könne die Preise hochtreiben, klagt ein hochrangiger Manager eines Schifffahrtsunternehmens. Die Kunden wollen deshalb mit der EU-Kommission Kontakt aufnehmen.
Schon einmal ist der Versuch eines solchen Krisenkartells deutscher Reeder gescheitert. Die geplante Auffanggesellschaft Baltic Max Feeder platzte vor zwei Jahren, noch bevor sie den Betrieb aufgenommen hatte. Die Banken entzogen die Unterstützung, als sich eine Ablehnung der EU-Wettbewerbshüter abzeichnete.
Diesmal ist sogar eine Bank Mitglied der Genossenschaften. Die Ostfriesische Volksbank hat viele der Frachter finanziert. „Wir sind davon überzeugt, dass kleine Schiffe auch nachhaltig benötigt werden“, sagt ihr Vorstandsvorsitzender Holger Franz. „Dennoch ist eine Bündelung der Kräfte, wie wir sie auch in anderen Bereichen kennen, sehr sinnvoll.“
Andere glauben, dass der Zusammenschluss in jedem Fall zu spät kommt. Es gebe Schiffsgrößen, wie etwa kleine Containerfrachter mit Platz für bis zu 1000 Standardboxen, die man kaum noch brauche, sagt Burkhard Tesdorpf, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger HC Gruppe. „Deren Geschäftsmodell ist extrem schwierig geworden. Für viele wäre eine Verschrottung das Beste.“ Sein Unternehmen hat selbst kleine Containerfrachter über einen geschlossenen Fonds finanziert. Dieser musste kürzlich Insolvenz anmelden.
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo