Ex-Vorstand des Germanischen Lloyd wird Chef der Genossenschaftsreederei BlueStar // Firmengründung dauert bis Ende Mai
Patrick Hagen
und Katrin Berkenkopf, Köln
Der Hamburger Schiffseigner Erck Rickmers heuert einen altbekannten Haudegen der Branche an, um seine Idee einer neuartigen Genossenschaftsreederei voranzutreiben. Hermann Klein, langjähriger Vorstand des Schiffszertifizierers Germanischer Lloyd (GL), wird die Holding mit dem Namen Blue Star ab 1. Juli leiten.
Noch befindet sich das Unternehmen, bei dem Rickmers schwache Anbieter unter dem Dach einer Gesellschaft bündeln will, in Gründung. Ende Mai sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein, teilte Rickmers im Zuge der Personalankündigung mit. Bislang werden die Flotten von Rickmers‘ Reederei E.R. Schiffahrt und von der Komrowski-Gruppe mit insgesamt rund 140 Schiffen zusammengebracht. Weitere sollen folgen. Schon zum 1. April tritt Klein vorübergehend bei Komrowski an, um den Zusammenschluss vorzubereiten. Wenn er im Sommer die Führung der Holding übernimmt, wird der 61-jährige Albert Schumacher, der bislang die Reedereiaktivitäten von Rickmers leitet, in den Ruhestand gehen.
Mit Klein hat Rickmers für sein Projekt einen Manager gewonnen, der in der Branche erstklassig verdrahtet ist. Von 2003 bis 2010 war der 54-Jährige Vorstandsmitglied beim Germanischen Lloyd. Als dort erstmals ein Vorstandsvorsitzender ernannt wurde und Klein dabei übergangen wurde, legte er sein Amt nieder und wechselte in den Aufsichtsrat. Der Niederländer Erik van der Noordaa übernahm den Chefsessel.
Mit der Neugründung, die Rickmers selbst als eine Art Genossenschaftsreederei bezeichnete, übernimmt der Hamburger eine Vorreiterrolle bei der erwarteten Konsolidierungswelle. Die Branche steht aufgrund der niedrigen Einnahmen unter enormem Druck. Unternehmen wie Rickmers und Komrowski leben davon, ihre Schiffe an Linienreeder wie Hapag-Lloyd oder Maersk zu vermieten. Die finanzierenden Banken drängen, dass sich die Reeder zu größeren und schlagkräftigen Gruppen zusammenschließen sollen.
In der Branche ist der Schiffbauingenieur Klein vor allem als Technikexperte bekannt. Eine Reederei hat er noch nie geleitet. Für Rickmers dürfte vor allem sein Wissen darüber, wie sich Schiffe möglichst effizient betreiben lassen, interessant sein. Klein gilt als einer der Vordenker des sogenannt Slow Steaming – er schlug schon früh vor, Schiffe langsamer fahren zu lassen, um damit Treibstoffkosten zu sparen. Die Idee hat sich mittlerweile bei allen großen Reedereien durchgesetzt. Angesichts hoher Treibstoffpreise und schärferer Umweltvorschriften spielt der Ölverbrauch eine entscheidende Rolle.
Klein gilt als jemand, der sich äußerst engagiert für sein Unternehmen einsetzt. „Er hat ein Schlafbedürfnis wie Napoleon“, sagt einer, der ihn gut kennt. Der französische Herrscher soll mit vier Stunden Schlaf am Tag ausgekommen sein. Als der französische Konkurrent Bureau Veritas 2006 eine feindliche Übernahme des GL anstrebte, kämpfte Klein mit seinem Vorstandskollegen Rainer Schöndube dagegen an vorderster Front erfolgreich an. Der Hamburger Milliardär Günter Herz sprang als weißer Ritter ein. Kritiker bemängeln allerdings, dass Klein bei der Übernahmeschlacht eher lokalpatriotisch argumentiert habe anstatt ökonomisch und im Interesse der Aktionäre.
Quelle: Financial Times Deutschland
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