Kolumne
Herbert Fromme
Die betriebliche Krankenversicherung kann ein Erfolgsmodell werden – wenn die Krankenversicherer sich ändern. Weil der Staat den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz immer weiter einschränkt, stehen Zusatzdeckungen hoch im Kurs. Das gilt ganz besonders für das Angebot über die Betriebe: In vielen Fällen zahlt der Arbeitgeber den Beitrag ganz oder teilweise, und selbst dort, wo er das nicht tut, ist das betriebliche Angebot für die Mitarbeiter attraktiv. Bei ausreichender Teilnehmerzahl kann der Versicherer die Risiken ohne Gesundheitsprüfung übernehmen. Auch wer wegen Vorerkrankungen privat kaum eine Versicherung bekommen hätte, wird abgesichert. Für den Arbeitgeber ist das ein wichtiges Argument im Kampf um gute Mitarbeiter.
Private Krankenversicherer setzen deshalb große Hoffnungen auf die betriebliche Krankenversicherung – gerade angesichts des politischen Drucks auf ihr Kerngeschäft Vollversicherung. Aber es ist unwahrscheinlich, dass das Modell für alle Anbieter zum Erfolg wird. Denn die Gesellschaften brauchen für dieses Geschäft ein anderes Herangehen als bisher.
Die betrieblichen Zusatzversicherungen werden bis auf die Pflegeversicherung meist ohne Alterungsrückstellungen angeboten. Das heißt: Ein Unternehmen kann ganz einfach wechseln. Wenn der Service nicht stimmt, die Schadenbearbeitung langsam oder besonders nörgelig ist oder der Preis im Markt unterboten wird, ist der große Kunde ganz schnell weg. Anders als bei der Altersvorsorge muss er sich nicht lange binden.
Das ist neu für die Branche. Zwar gibt es auch in der Vollversicherung viele Kunden, die trotz Nachteilen den Anbieter wechseln – oft auf Anraten eines Vermittlers, der für den aufnehmenden Versicherer arbeitet. Aber dabei handelt es sich um Einzelverträge. Wenn dagegen ein ganzer Konzern wechselt, gehen hunderte oder tausende von Versicherten auf einen Schlag. Für das Gesamtverhalten der Branche gegenüber ihren Kunden können die künftigen Lehren aus der betrieblichen Krankenversicherung durchaus heilsam sein.
Manche Gesellschaft arbeitet mit gesetzlichen Krankenkassen zusammen und bietet Zusatzdeckungen für deren Mitglieder an. Die Erfahrungen aus dieser Zusammenarbeit fallen sehr unterschiedlich aus. Sie reichen vom Lob für das beiderseits professionelle Verhalten bis zur scharfen Kritik an bürokratischen Abwicklungen, ebenfalls auf beiden Seiten. Solche Flops können sich die Versicherer bei der betrieblichen Krankenversicherung kaum leisten. Sonst ist das neue Geschäft schon tot, bevor es richtig in Gang gekommen ist.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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