Umbau gilt als Testfall für die Versicherungsbranche
Herbert Fromme und
Anne-Christin Gröger , Köln
Der Düsseldorfer Versicherungskonzern Ergo macht Ernst mit den Plänen zur Umstrukturierung seines Vertriebs. Zum 1. Januar 2014 will die Versicherung 28 Vertriebsdirektionen deutschlandweit aufgeben. Außerdem sollen die Abteilungen zur Unterstützung der Vermittler zentralisiert werden. Von 5000 Vollzeitstellen sollen 1300 wegfallen, also rund 25 Prozent, hieß es am vergangenen Freitag. Die Streichungen sollen sozial verträglich erfolgen, dazu gehören Regelungen zum Vorruhestand und alternative Stellenangebote im Konzern.
Mit dem Umbau will der Ergo-Konzern, der zur Rückversicherungsgesellschaft Munich Re gehört, den Vertrieb straffen und ab 2014 jährlich rund 170 Mio. Euro einsparen. Dafür nehmen Konzernchef Torsten Oletzky und Vertriebsvorstand Rolf Wiswesser einmalig 250 bis 300 Mio. Euro in die Hand. Das meiste davon dürfte auf die Sozialkosten des Stellenabbaus entfallen.
Aus fünf mach zweiErgos Großumbau wird in der gesamten Branche genau beobachtet. Schließlich ist die Gruppe im Kern ein Zusammenschluss von sehr traditionellen Versicherern, die viele alte Strukturen mit sich herumschleppen. Gelingt Oletzky und Wiswesser die Kostensenkung, ohne einen Einbruch in den Vertriebszahlen hinnehmen zu müssen, dürfte das Beispiel Schule machen.
Künftig soll es statt der bisherigen fünf Vertriebsorganisationen nur noch zwei Netzwerke für Vermittler geben. Zur einen Gruppe gehören Vertreter, die mit Schwerpunkt Lebens- und Krankenversicherung beraten. Sie hatten bislang Verträge mit der Ergo Lebensversicherung – früher als Hamburg-Mannheimer bekannt mit der Werbefigur „Herr Kaiser“ -, der DKV oder der auf Senioren spezialisierten OVG (Organisation für Verbandsgruppenversicherungen). In diesem Segment arbeiten künftig 4130 Vertreter für Ergo.
Die andere Säule besteht aus Vertrieblern der Ergo Victoria, die vor allem Schadens- und Unfallversicherungen verkaufen, und dem Münchner Rechtsschutzspezialisten DAS. Die Gesamtzahl der Vertriebsleute beträgt hier 5200. Die 3700 Vermittler des Strukturvertriebs Ergo Pro – früher HMI – sind von der Reform nicht betroffen.
Für die neue Struktur will Ergo eine separate Vertriebs-AG gründen, unter deren Dach die beiden Netzwerke agieren. Chef wird Vertriebsvorstand Wiswesser, der gleichzeitig in der Führungsriege des Konzerns bleibt.
Vorreiter AllianzParallel zur neuen Struktur möchte der Konzern mit einer neuen Vertriebssoftware die Beratungsprozesse standardisieren. Dokumentation und Antragstellung sollen automatisiert erfolgen. Bisher müssen Berater Kundendaten jedes Mal neu in den Rechner eingeben, wenn ein Kunde einen Vertrag abschließen will. Künftig soll es reichen, Daten einmal zu erfassen, auch wenn mehrere Verträge fertiggestellt werden müssen.
Ergo folgt mit dem Umbau der Allianz Deutschland, die vor einigen Jahren alle Vermittler ihrer Konzerntöchter unter eine einheitliche Führung gestellt hatte, um Kosten zu sparen und Kunden besser zu bedienen. Die Umstellung führte zu heftigen Protesten der Vertreter, die sich inzwischen aber mit dem neuen System arrangiert haben.
Ein wichtiger Unterschied der beiden Systeme: Bei der Allianz wird der Maklervertrieb weiterhin von den Versicherungsgesellschaften direkt geführt – ohne Umweg über die Vertriebs-AG. Bei Ergo soll die neue Vertriebsgesellschaft auch die Betreuung der Makler übernehmen.
Leitartikel25
Quelle: Financial Times Deutschland
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