Ergo-Chef Torsten Oletzky muss mit weiteren Enthüllungen über Sexreisenrechnen. Die Stimmung im Konzern ist im Keller
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Köln
Torsten Oletzky ist in China – nicht auf einer Belohnungsreise mit Verkaufskanonen seiner Versicherung, sondern weil der Ergo-Konzern in Asien expandieren will. Doch den Chef verfolgen selbst dort noch die Meldungen über Sexreisen in Bordelle auf Mallorca und einen Swingerklub auf Jamaika.
Dabei gibt es kaum neue Fakten. Die Enthüllungen stammen aus Revisionsberichten aus dem Juni 2011, die Oletzky selbst in Auftrag gegeben hatte. Über die Jamaika-Sause hatte der „Spiegel“ schon im Juli 2011 berichtet. Mit Recht weist Ergo darauf hin, dass im Fall Mallorca nicht bewiesen ist, ob Vertreter in ein Bordell gegangen sind – es könnte sich auch um einen „normalen“ Spesenbetrug ohne sexuellen Hintergrund handeln.
Dennoch: Die neuen Berichte bleiben an Ergo kleben – und an Oletzky. Vor allem sind sie vielen Mitarbeitern peinlich. „Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt, auch in den Führungsebenen“, berichtet ein Insider. „Oletzky ist unglaublich dünnhäutig geworden.“ Als der heute 45-jährige Manager 2008 bei Ergo Chef wurde, genoss er bei vielen Mitarbeitern noch einen hohen Vertrauensvorschuss. Der ist weitgehend verbraucht.
Auch beim Mutterkonzern Munich Re herrscht wenig Freude. Noch steht Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard loyal hinter dem Leiter seiner Erstversicherungssparte. Das würde sich allerdings schnell ändern, wenn Oletzky selbst in den Skandalstrudel hineingezogen werden sollte. Von Bomhard ist der mit Abstand renommierteste Manager in der Assekuranz – dieses Image will er nicht gefährden, weil er zu lange auf die falschen Leute setzt. So mancher Großaktionär fragt sich bereits besorgt, warum es von Bomhard bei Ergo eigentlich nicht gelingt, Ruhe herzustellen.
Oletzky kann man die Sexskandale nicht zum Vorwurf machen. Er bemüht sich um Aufklärung, hat seit Bekanntwerden der Vorkommnisse intern recherchiert und neue Kontrollen eingebaut.
Das eigentliche Problem ist: Ergo läuft nicht rund. Die 1997 begonnene Fusion der grundverschiedenen Hamburg-Mannheimer und Victoria sorgt nach wie vor für Probleme – von hohen Kostenquoten bis zu mangelnden Vertriebserfolgen.
Doch Oletzky hat die peinlichen Berichte nicht zum Anlass genommen, den Strukturvertrieb HMI, heute Ergo Pro, zu schließen. Das hätte Millionen an Abfindungen gekostet. Nun muss sich Oletzky allerdings nach jeder neuen Enthüllung vorwerfen lassen, dass er den „Sauhaufen“, wie ein Vorstand HMI nannte, nicht weggeräumt hat.
Ergo Pro ist ein Strukturvertrieb der alten Schule, in den man vor allem junge Leute mit dem Versprechen auf schnelles Geld lockt. Die meisten bleiben arm, wenige verdienen gut. Mit Incentive-Reisen wie nach Budapest wird das „gute Leben“ vorgegaukelt.
Oletzky (und von Bomhard) glaubten lange, sie könnten die Probleme bei HMI/Ergo Pro in den Griff bekommen. Ein Irrtum, wie sich immer deutlicher zeigt. Neben Budapest, Mallorca und Jamaika lauern dort weitere Skandale, die in den zahlreichen Streitereien mit Ex-Vertretern jederzeit nach oben gespült werden können.
Von Bomhard wird Oletzky nicht einfach fallen lassen, zu fest hat er sich hinter ihn gestellt. Allzu viele neue schmutzige Details dürfen indes nicht mehr öffentlich werden.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo