Große Anbieter verknappen Kapazitäten und sortieren riskante Branchen undBetriebe aus. Die Policen könnten teurer werden
Friederike Krieger Herbert Fromme
Herbert Fromme
und Friederike Krieger
Die deutsche Industrie muss mit höheren Preisen für ihren Sachversicherungsschutz rechnen, vor allem in der Feuerversicherung. „Der Markt ist kurz vor der Wende nach oben“, sagt Sven Erichsen, Geschäftsführer beim Makler Aon, der FTD.
Schon seit Jahren behaupten die Versicherer, dass der Wendepunkt vom „weichen“ Markt mit niedrigen Preisen zur „harten“ Marktphase bevorstehe. Bislang haben sich diese Vorhersagen aber nicht bestätigt.
Erichsens Aussagen sind ernst zu nehmen. Denn bei den bisherigen Hartmarkt-Prognosen der Versicherer haben sich die großen Makler skeptisch geäußert und von stabilen bis fallenden Raten gesprochen.
Wenn der Marktführer diese Haltung ändert, deutet das auf tatsächliche Bewegungen hin. „Wir haben Forderungen nach deutlichen Preissteigerungen auf dem Tisch,“ sagt Erichsen. „Viele Versicherer reduzieren ihre Kapazitäten, wenn es um schadenbelastete Risiken geht.“
Christian Hinsch, Chef der Talanx-Tochter HDI-Gerling Industrie und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Talanx, hatte bereits im Juli drastische Aktionen angekündigt. Das Unternehmen werde alle Kunden je nach Schadenverlauf und Risiko einzeln neu bewerten. Bei Industrieunternehmen, mit denen der Versicherer nicht zufrieden ist, werde er höhere Preise durchsetzen. „Wir werden uns im Laufe des Jahres über alle Branchen und Sparten die besonders auffälligen Kunden und Kundengruppen anschauen, um dort eine auskömmlichere Relation von Prämie und Risiko umzusetzen“, sagte Hinsch.
In der Versicherung von Autoflotten haben sich die Versicherer bereits durchgesetzt, dort konnten sie die Tarife deutlich anheben.
In diese Richtung wirken auch strategische Änderungen bei der Assekuranz. Große Gesellschaften mit einem Schwerpunkt auf der industriellen Feuerversicherung versuchen, mehr Kapazitäten auf Haftpflicht zu legen und reduzieren entsprechend das Feuergeschäft.
Dazu kommt der Rückzug aus ganzen Industriezweigen. Beispiel Allianz: „Wir haben uns aus einzelnen Bereichen der Lebensmittelbranche zurückgezogen, beispielsweise Backwaren, Zucker sowie Fisch- und Fleischverarbeitung“, sagt Heidi Polke, Sprecherin des Versicherers Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). Positiver sieht der Anbieter die Automobilindustrie, Pharma, Chemie und High-Tech-Branchen. Die Allianz hat im Bereich Sach ihre Expertise bei der Risikobewertung und der Preisfestsetzung gebündelt. Der globale Vergleich von Preisentwicklungen führt ebenfalls zu einem disziplinierteren Verhalten der Versicherer.
Kleinere Gesellschaften bieten keine echte Alternative. Vor allem mangelt es den meisten an der Fähigkeit, große Risiken als führender Versicherer zu begleiten. Sie sind eher als Mitglieder von Konsortien oder Rückversicherer aktiv. Damit bleibt die Industrie von den Großanbietern wie HDI-Gerling, AGCS, AIG oder Zurich abhängig, die alle für Preiserhöhungen eintreten.
HDI-Gerling-Chef Hinsch hält den Bogen für überspannt. „Wir sind jetzt im achten Jahr eines Weichmarktzyklus“, sagte er. Die Schaden-Kosten-Quoten vieler Gesellschaften lägen deutlich über 100 Prozent der Beiträge. Sie geben also mehr für Schäden, Vertrieb und Verwaltung aus, als sie an Prämien einnehmen.
Solche versicherungstechnischen Verluste können Versicherer zwar teilweise mit Kapitalerträgen ausgleichen. Aber das wird angesichts der niedrigen Zinsen immer schwieriger – so wirkt sich die Finanzkrise indirekt auch auf die Versicherungskosten der Industrie aus.
Gegen die Forderungen der Versicherer argumentieren die Käufer mit der heraufziehenden Verdüsterung der Weltwirtschaft, die ihre Unternehmen trifft, und den bislang guten betriebswirtschaftlichen Ergebnissen der Versicherer. Wer sich durchsetzt, wird sich bis Ende Dezember zeigen. Dann haben die meisten Konzerne ihre Versicherungsprogramme für 2013 unter Dach und Fach.
Quelle: Financial Times Deutschland
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