Die Branche muss laut S&P massenhaft Anleihen abstoßen, um Garantien zuhalten
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Köln
Die anhaltende Niedrigzinsphase zwingt deutsche Lebensversicherer dazu, Anleihen zu verkaufen, um Gewinne zu realisieren, so die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P). Dabei handelt es sich um Bonds, die vor einigen Jahren erworben wurden und höhere Coupons haben als aktuell ausgegebene. Der Verkauf bringt im aktuellen Zinsumfeld Geld – kostet die Versicherer aber in den kommenden Jahren Ertrag. Auch bei ihren Aktienbeständen werden die Unternehmen Kasse machen, prognostiziert S&P.
„Gewinnrealisierungen sind in großem Maße notwendig, um die Zinszusatzreserve zu stemmen“, sagte S&P-Analyst Christian Badorff. Diese Reserve ist ein besonderer Puffer, den das Finanzministerium auf Vorschlag der Branche eingeführt hat und der erstmalig 2011 aufgebaut werden musste. Mit ihm tragen die Versicherer der Tatsache Rechnung, dass sie vielen Kunden eine lebenslängliche Garantieverzinsung von vier Prozent versprochen haben, die sie derzeit nur schwer verdienen können.
Die Zinszusatzreserve machte 2011 nach Berechnungen der Kölner Ratingagentur Assekurata branchenweit 1,5 Mrd. Euro aus. „Wir erwarten, dass sich dieser Wert 2012 auf etwa 4,5 Mrd. Euro verdreifacht“, sagte Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will der FTD. Auf Anfrage zeigt sich die Branche zugeknöpft: „Wir können weder bestätigen, noch dementieren, dass es solche Gewinnrealisierungen wegen der Zinszusatzreserve geben wird“, sagte eine Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft.
Wegen der niedrigen Zinsen und der Zinszusatzreserve ist es wahrscheinlich, dass die Branche die den Kunden gutgeschriebene Verzinsung weiter zurückfährt. Für 2012 haben die Unternehmen durchschnittlich 3,94 Prozent auf den Sparbeitrag der Prämie zugesagt – das sind 0,15 Punkte weniger als der Wert für 2011. Und dabei dürfte es nicht bleiben: „Für 2013 erwarten wir eine weitere Absenkung“, sagte Badorff. Die deutschen Lebensversicherer hätten sich bislang zwar als vergleichsweise krisenfest erwiesen, doch sei der Ausblick von S&P für ihre Beurteilung negativ.
Quelle: Financial Times Deutschland
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