Die Assekuranz verlangt von der Energiewirtschaft höhere Renditen und von der EU gelockerte Regeln, bevor sie investiert
Herbert Fromme , Köln
Eigentlich lechzt jedes Energieunternehmen mit Kapitalbedarf nach solchen Anlegern: Anders als Private-Equity-Investoren, die schnelle Wertsteigerungen und ein Ausstiegsdatum im Blick haben, wollen Versicherer auf viele Jahre hinaus investieren. „Wir haben schließlich auch sehr langfristige Verpflichtungen“, sagt David Jones, Chef der Allianz-Tochter Allianz Specialised Investments.
Das liegt an den auf Jahrzehnte ausgelegten Zahlungen der Lebens- und Krankenversicherer. „Wir suchen eine lange Lebensdauer der Assets und vorhersehbare Einnahmeströme“, erläutert er. Genau das kann ein Energiehersteller oder -transporteur bieten. „Außerdem darf es keine Korrelation zu anderen Anlageklassen wie zum Beispiel Aktien geben. Wir brauchen ordentliche Erträge und wollen kein Währungsrisiko.“
Alle diese Voraussetzungen können Anbieter erneuerbarer Energien erfüllen – eigentlich. Hinzu kommt, dass die Versicherer gegenwärtig unter einem Anlagenotstand leiden: Staatsanleihen bringen sehr niedrige Zinsen. Ungesicherte Schuldverschreibungen der Banken sind aus Risikogründen inzwischen tabu. Und für Aktien müssen die Gesellschaften sehr viel Eigenkapital vorhalten.
Dennoch halten sich die Versicherer zurück. Beispiel Munich Re: Der weltgrößte Rückversicherer verwaltet Kapitalanlagen von 212 Mrd. Euro. Doch gerade mal 500 Mio. Euro davon stecken in erneuerbaren Energien. „Weitere 2 Mrd. Euro könnten demnächst folgen“, sagt Thomas Kabisch, Chef der Anlagetochter Munich Ergo Asset Management. „Aber das gilt nur, wenn die Investitionen unsere Ansprüche an Risiken und Ertrag erfüllen.“
Ähnlich die Allianz. Allein die Allianz Deutschland hatte im Juni 2012 222 Mrd. Euro angelegt, davon magere 1,3 Mrd. Euro in erneuerbaren Energien. Das ist wenig angesichts des Kapitalbedarfs für die Energiewende, der vom Bundesumweltministerium auf 202 Mrd. Euro bis 2020 beziffert wird. Übertriebene Hoffnungen sollten sich Politiker und Energiewirtschaft nicht machen – trotz Bruttorenditen von sieben Prozent bis neun Prozent aus Windenergieanlagen. „Investitionen in erneuerbare Energien werden höchstwahrscheinlich keine zehn Prozent unserer Kapitalanlagen erreichen“, sagt Jürgen Maier, als Director der Allianz Investment Management für alternative Investments zuständig.
Doch auch für die jetzt angedachten moderaten Investitionen hat die Assekuranz einen Wunschzettel an Politik und Energiewirtschaft. „Die EU verbietet uns die gleichzeitige Investition in Energieherstellung und -transport, gleichzeitig haben die Politiker die Erwartung, dass wir in beiden Bereichen anlegen“, beklagt Maier. Die Regierungen hätten Handlungsbedarf erkannt. „Doch bevor man EU-Recht wieder modifiziert, vergehen eher Jahre als Monate.“
Die neuen Aufsichtsregeln Solvency II sind ein weiteres Hindernis. „Im Standard-Risikomodell von Solvency II braucht ein Versicherer noch einmal 49 Prozent als Kapitalunterlegung, wenn er in alternative Energien investiert“, sagt Maier. Das könne allerdings bei den internen Risikomodellen, die größere Versicherer nutzen, weniger sein.
Das dritte Hindernis: Die Rendite passt nach Ansicht der Allianz noch nicht zum Risiko. Deshalb investiert sie bisher nicht in Windanlagen vor den Küsten. „Die Rendite für Offshore-Windanlagen ist gegenüber Onshore zu niedrig, da warten wir noch“, sagt Maier. Hier will die Allianz mehr als zehn Prozent verdienen.
Doch die Verweigerung des Schwergewichts der Versicherer bei der Offshore-Windenergie wird zunehmend zum Politikum. Jetzt hat sich Finanzchef Oliver Bäte eingeschaltet und noch einmal den Schwarzen Peter an Berlin und Brüssel gegeben: Die Allianz würde einsteigen, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen, sagte er am Dienstag. Dann könnten auch schon mal 1 Mrd. Euro fließen.
Bisher gibt es wenig Anzeichen, dass sich EU und Bundesregierung darauf einlassen und die Spielregeln ändern. Sie glauben, dass sich auch ohne die Allianz genug Investoren für die Offshore-Windparks finden.
Quelle: Financial Times Deutschland
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