Gruppenverträge gibt es in der privaten Krankenversicherung für viele Kunden
Anja Krüger
Skandal, Skandal: Christdemokraten können sich bei der Axa mit einem Rabatt privat krankenversichern, Liberale bei der DKV. Sozialdemokraten, die von der Idee der Bürgerversicherung entgegen ihrem Parteiprogramm nichts halten, konnten das über Jahre mit einem günstigen Abschluss bei der Victoria dokumentieren. Mancher sieht deshalb die politische Unabhängigkeit der Parteien gefährdet. Allerdings: Solche Gruppenverträge sind in der privaten Krankenversicherung nichts Ungewöhnliches. Viele Berufsverbände, Vereinigungen und Unternehmen bieten sie für Mitglieder und Beschäftigte an. Interessant sind sie vor allem für Kunden mit angeschlagener Gesundheit.
Die Axa Krankenversicherung hat rund 1000 Gruppenverträge, mit wem, will sie nicht sagen. Die zu Ergo und damit der Munich Re gehörende DKV kommt sogar auf 1300 Kollektivvereinbarungen, unter anderem mit dem Deutschen Journalisten-Verband, dem NDR, Porsche und dem Lebensmittelproduzenten Zentis. 20 Prozent des Gesamtgeschäfts der DKV entfallen auf diese Verträge. Parteien werden bald nicht mehr zu den Kunden gehören. Die DKV hat die Victoria Kranken geschluckt, deren Vertrag mit der SPD schon lange Geschichte ist. „Der Vertrag mit der FDP läuft Ende 2012 aus“, sagt ein Sprecher der DKV.
Bei Gruppenverträgen ist der Beitrag gegenüber individuell abgeschlossenen Policen in der Regel zwischen drei und fünf Prozent geringer. „Bei diesen Verträgen fallen keine Ausgaben für Werbung oder den Vermittler an“, sagt der Sprecher. „Wir geben diese Kostenvorteile weiter.“
Der Preis sei aber nicht der ausschlaggebende Punkt bei Gruppenverträgen, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. „Die Unternehmen nehmen ihre regulären Tarife und geben einen Rabatt darauf“, sagt er. Sind die Tarife teuer, ist auch der rabattierte Vertrag unattraktiv. „Oft finden Kunden im Markt einen günstigeren Einzeltarif“, so Rudnik. Teilweise treten Verbände als Vermittler auf und kassieren fette Provisionen. Dann ist der Preisvorteil ohnehin weg.
Der Abschluss übers Kollektiv hat aber vor allem für Kunden mit gesundheitlichen Problemen Vorteile. „Für manche Menschen ist ein Gruppenvertrag die einzige Chance, eine Police zu bekommen“, sagt Rudnik. Denn die in der privaten Krankenversicherung übliche Gesundheitsprüfung fällt oft weniger streng aus oder ganz weg. Viele Versicherer begrenzen Risikozuschläge, die bei einem Einzelvertrag fällig wären. Weiterer Vorteil: Angehörige können ebenfalls über den Gruppenvertrag versichert werden. Mehr Leistungen bekommen die Kollektivkunden nicht. „Der Leistungsumfang entspricht dem Einzeltarif“, sagt der DKV-Sprecher.
Doch trotz der Rabatte sollten sich Interessierte den Wechsel in die private Krankenversicherung gut überlegen. Wer eine Familie hat oder gründen will, sollte bedenken, dass anders als bei gesetzlichen Krankenkassen Ehepartner und Kinder nicht kostenlos mitversichert werden. Die Leistungen sind gerade bei billigen Tarifen nicht unbedingt besser.
Die Alternative zum Wechsel sind Zusatzpolicen für Kassenpatienten, die es ebenfalls per Gruppenvertrag gibt. Damit können sich Kunden etwa für einen Klinikaufenthalt die Chefarztbehandlung oder die Unterbringung in einem Zweibettzimmer sichern. Die Debeka, mit mehr als 2,1 Millionen Kunden Marktführer, hat keine Gruppenverträge für die sogenannte private Krankenvollversicherung, aber rund 150 für Zusatzversicherungen, etwa mit der Gewerkschaft der Polizei. „Wir geben ein Prozent Beitragsnachlass“, sagt ein Debeka-Sprecher. Auch hier liegt der Vorteil nicht beim Preis, sondern in den Konditionen. So verzichtet der Versicherer auf Wartezeiten, bis Kunden die Leistungen in Anspruch nehmen können, und auf Risikozuschläge bei Vorerkrankungen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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