Kolumne
Herbert Fromme
Herbert Fromme
Jahrelang haben viele Versicherer Onlinevergleichsportale belächelt. Das ist spätestens seit 2011 anders. Denn die Portale, allen voran Check24, haben sich nach fast 15 Jahren zu Vermittlern mit bedeutendem Volumen entwickelt.
Dahinter steht eine Trendwende im Kundenverhalten. Die Versicherten werden selbstbewusster, lassen sich weniger einlullen und finden es auch bei Versicherungen nicht mehr so schwierig, selbst zu vergleichen. Diese Kundengeneration nutzt das Internet ganz selbstverständlich. Sogar wer mit seinem Vertreter zufrieden ist und niemals online abschließen würde, schaut gelegentlich im Web nach, ob er von seinem Versicherer auch nicht über den Tisch gezogen wird.
Es scheint nur auf den ersten Blick paradox, dass die wachsende Stärke der Vergleichsportale vor allem von Versicherern als Bedrohung empfunden wird, die schon lange erfolgreich im Internet als Direktversicherer aktiv sind. Das gilt auch für die HUK-Coburg, die mit HUK24 den größten Autodirektversicherer besitzt.
Es ist keine Paranoia, wenn die Unternehmensführung in Coburg die Konkurrenz durch die Portale fürchtet. Das Unternehmen muss sich Sorgen machen, dass es gleich aus zwei Richtungen in die Zange genommen wird. Der Autohersteller VW hat gerade zusammen mit der Allianz einen eigenen Versicherer gegründet, der sich auf den Vertrieb durch die Vertragshändler stützen kann.
Die Portale machen Druck aus der anderen Richtung. Wer sich Jahr für Jahr bei Check24 den günstigsten Tarif ausrechnen lässt, dem ist irgendwann egal, bei welchem Versicherer er sich aktuell abgesichert hat. Er sieht sich als Kunde von Check24. Und diese Marktmacht nutzen die Portale aus, so der Vorwurf der HUK: Sie berechnen überhöhte Provisionen.
Die HUK-Coburg antwortet mit einer gewagten Strategie. Sie hat zusammen mit Talanx und WGV die Mehrheit am Vergleichsportal Aspect Online übernommen, das jetzt unter Transparo auftritt. Die Investitionen dürften beträchtlich sein, das Risiko ist groß: Weil drei Versicherer Transparo kontrollieren, könnte das die Beteiligung rivalisierender Gesellschaften am Vergleichsportal hemmen.
Aber die HUK sieht nur wenig Alternativen, wenn sie sich nicht Check24 ergeben will. Eine spannende Schlacht. Am Ende könnte eine Richtungsentscheidung wie in der Lebensmittelindustrie stehen. Dort haben die Hersteller den Kampf gegen die Marktmacht der Supermarktketten und Discounter verloren – die Vertriebsseite entscheidet über Produkte, Strategie und zu weiten Teilen auch Preise.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
Quelle: Financial Times Deutschland
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