Die Talanx-Tochter HDI-Gerling springt auf den Zug auf und bietet eine neue Police, mit der sich Unternehmen gegen Hacker-Angriffe, Internetkriminalität und die Folgen von Datenverlusten absichern können.
HDI-Gerling bringt eine neue Police gegen Cyber-Risiken auf den Markt. Die Talanx-Tochter ist damit nach Zurich und Allianz Global Corporate & Specialty der dritte große Industrieversicherer, der in kurzer Zeit eine solche Versicherung ins Angebot genommen hat. „Unsere Kunden hatten großes Interesse an einer Cyber-Versicherung“, sagte Stefan Sigulla, Vorstandsmitglied der HDI-Gerling Industrie Versicherung dem Versicherungsmonitor.
Ähnlich wie die Produkte von AGCS und Zurich kombiniert HDI-Gerling die Absicherung von Eigen- und Drittschäden. Der Deckungsumfang umfasst Schäden aus Datenverlust, Betriebsunterbrechung, die Kosten für Krisenkommunikation sowie forensische Untersuchungen, also die Suche nach dem Datenleck. Auch die Kosten für die Benachrichtigung von Kunden, deren Daten gestohlen wurden, sind abgedeckt.
Bei der Industrie stehen Cyber-Policen schon seit längerem auf dem Wunschzettel. Bislang waren vor allem US-Versicherer mit ihren Verträgen auf dem Markt. Auch die Allianz hatte schon seit Jahren Policen im Angebot, die sich aber vor allem an Großkunden richteten. Der Markt ist deshalb in Deutschland noch sehr klein. Die Branche rechnet damit, dass es großes Wachstumspotenzial gibt. Vorbild sind die USA: Das Prämienaufkommen lag dort im vergangenen Jahr bei rund 1 Mrd. Dollar.
HDI-Gerling hat ebenfalls Erfahrungen mit individuellen Konzepten gesammelt. „Wir sind schon länger im Markt präsent mit maßgeschneiderten Lösungen für mittelgroße und große Unternehmen“, sagte Sigulla. „Jetzt bieten wir eine Gesamtlösung, die Elemente aus verschiedenen Sparten bündelt.“
Die Hannoveraner bieten Kapazitäten bis zu 25 Mio. Euro, im Einzelfall auch darüber, so Sigulla. „Es gibt keine feste Obergrenze. Wenn das Risiko interessant ist und wir überzeugt sind, sind wir bereit mehr zu decken.“
Die Deckungshöhe ist für viele Risikomanager immer noch der entscheidende Makel der neuen Verträge. Allianz bietet bis zu 50 Mio. Euro, Zurich bietet maximal 25 Mio. Euro. „Für kleinere mag das reichen. Aber für die Großen ist das bisher nicht genug“, sagte Deutsche Bahn-Versicherungschef und DVS-Präsident Hans-Jürgen Allerdissen dem Versicherungsmonitor. Die Risikomanager befürchten außerdem, dass die unterschiedlichen Bedingungen der Versicherer es erschweren werden, die Kapazitäten mehrerer Versicherer zu bündeln.
Sigulla sieht hier kein Problem: „Es gibt Beispiele, wo man sich in Konsortien auf die Bedingungen der Kunden geeinigt hat – das ist zwar aufwändiger, aber durchaus möglich“, sagte er.
HDI-Gerling zielt mit der neuen Police ohnehin eher auf den Mittelstand als auf die großen Konzerne. „Wir beobachten gerade bei Mittelständlern wachsendes Interesse“, sagte Sigulla. „Großkonzerne werden eher mit Konsortien agieren.“
Hauptzielgruppe ist die klassische Industrie. „Wir schließen aber keine Branchen von vorneherein aus“, sagte Sigulla. Bei Finanzunternehmen will er aber genauer hinschauen. „Entscheidender als die Branche ist aber das individuelle Risikomanagement.“
Der Preis hängt von der Risikoeinschätzung ab. Üblicherweise kostet die Absicherung von 5 bis 10 Mio. Euro bei HDI-Gerling etwa 100.000 Euro Prämie im Jahr. Die Risikoanalyse erfolgt per Selbstauskunft über einen Fragebogen oder im Gespräch mit den HDI-Gerling-Experten. „Je größer und komplexer das Risiko ist, desto intensiver werden unsere Fragen“, sagte Sigulla.
Zusätzlich zur Standarddeckung können Unternehmen bei HDI-Gerling Bausteine optional wählen. Dazu gehört auch Industriespionage, ein Thema mit dem sich die Assekuranz bislang schwer tut. HDI-Gerling will hier vor allem die Kosten für die Suche nach dem Leck und die eventuell nötige Krisen-PR decken. Umsatz- oder Ertragsausfälle aufgrund von gestohlenen Unternehmensgeheimnisse sind schwieriger zu versichern. „Bei der Versicherung der finanziellen Folgen von Industriespionage gibt es Schwierigkeiten, den Schaden darzustellen“, sagte Sigulla. „Wir können uns aber vorstellen, im Einzelfall auch fiktive Lizenzgebühren zu erstatten.“
Unternehmen können auch den Fall versichern, dass sie erpresst werden, etwa mit der Drohung, die IT lahm zu legen. „Wir helfen beim Krisenmanagement“, sagte Sigulla. Der Versicherer stellt Kunden in so einem Fall Krisenberater zur Verfügung, die im Umgang mit Erpressungen Erfahrung haben. „Wir bewegen uns auf jeden Fall innerhalb des gesetzlichen Rahmens und der ist je nach Rechtsordnung unterschiedlich“, sagte er. In der Regel seien solche Fälle mit gutem Krisenmanagement besser in den Griff zu bekommen als mit Zahlungen.
HDI-Gerling will die Police zunächst nur Kunden anbieten, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben. „Später wollen wir das auf Kontinentaleuropa ausdehnen“, so Sigulla.
Patrick Hagen
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