GDV warnt vor BU-Studie

Dass Versicherer sich nicht an einer Umfrage beteiligen, die wahrscheinlich zu unliebsamen Ergebnissen führen wird, ist nicht ungewöhnlich. Merkwürdig wird es aber, wenn der GDV seine Mitglieder vor der Teilnahme an einer Studie warnt. So ist es im Fall der diesjährigen Umfrage des Informationsdienstleisters Premium Circle Deutschland zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) geschehen. Die Erstauflage der Studie hatte im vergangenen Jahr zu einem großen medialen und politischen Echo geführt. In diesem Jahr wollen noch nicht einmal halb so viele Versicherer mitmachen wie 2017. Der GDV ist sich keiner Schuld bewusst.

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3 Antworten »

  1. Wenn man alles gelesen hat und dann die Überschrift des VM nochmal liest, kommt man womöglich zur Erkenntnis: Zurecht!

  2. Vorweg: Ich kommentiere hier als Marktteilnehmer, dessen Arbeit regelmäßig von Herrn Gorr kritisiert wird.

    Es ist nicht schwer in die mediale Öffentlichkeit vorzudringen, wenn man pauschaliert und lautstark angebliche Missstände anprangert. Ob ein solch pauschales Vorgehen zur Lösung eines Problems beiträgt, kann aber bezweifelt werden. Zumindest kann ich nicht erkennen, wo PCD tatsächlich zur Problemlösung beiträgt. Wenn man tiefer in die Materie eindringt, verliert sich die Pauschalierung schnell. Pauschalkritik entlarvt, denn sie deckt entweder mangelnde Fachkenntnis auf oder deutet auf wirtschaftliche Interessen in Zusammenhang mit der Zielrichtung der Kritik hin. Wer hart kritisiert und „Lösungen“ in Form von Beratungsmandaten anbietet, handelt durchsichtig. Das sollte Qualitätsjournalismus erkennen.

    Was beispielsweise sofort auffällt: die von PCD als positive Beispiele herausgestellten Versicherer führen in ihren Bedingungswerken ebenfalls unbestimmte Rechtsbegriffe. Dennoch ist auf einer Veranstaltungsseite von PCD folgende Aussage zu finden:

    „Traditionell dürfen nur die Versicherer die VorsorgeFachForen unterstützen, deren Produkte auf Basis der AVB-Analyse der PremiumCircle Deutschland GmbH im oberen qualitativen Segment liegen. 2018 sind dabei: …“

    Natürlich findet man hier auch die Unternehmen, die an der neuerlichen Umfrage des PCD teilnehmen. Denn tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Vermarktungsplattform für Versicherer.

    Wer unbestimmte Rechtsbegriffe in den Bedingungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen kritisiert, der sollte im Idealfall auch aufzeigen, wie es besser gehen kann. Tatsächlich ist es aber so, dass gerade die bestehenden Formulierungen in den Bedingungswerken zu den vergleichsweise hohen Anerkennungsquoten bei Leistungsanmeldungen führen. Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung deckt kein pauschales Risiko, sondern in einzigartiger Weise die individuelle Fähigkeit eines Menschen, eine individuelle Tätigkeit vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Situation auszuüben. Jeder Versuch, die Formulierungen konkreter zu machen, führt vielleicht zu kürzeren Regulierungszeiten, aber auch zu höheren Ablehnungsquoten. Die Individualität des Schutzes geht zu Gunsten einer einfacheren Messbarkeit der Leistungsvoraussetzungen verloren.

    Es gibt selbstverständlich Probleme, Fehlentwicklungen und Missstände in der Branche. Viele davon kritisieren auch wir öffentlich. Aber einen pauschalen Missstand in der Regulierungspraxis von Berufsunfähigkeitsversicherungen lässt sich objektiv und fachlich nicht belegen.

    Wer Schwankungsbreiten bei „von außen“ erhobenen Kennzahlen nicht interpretieren kann, sollte erst einmal seine Hausaufgaben beim Untersuchungsdesign und bei der Durchführung der Untersuchung machen, denn er hat die scheinbaren Widersprüche oft selbst kreiert.

    Ich hatte zu der letzten „Studie“ von PCD einen Leserbrief an correctiv.org geschrieben, der leider ohne jede Reaktion blieb. Nachfolgend stelle ich den Text hier gerne zur Verfügung.

    Michael Franke, Franke und Bornberg

    >>Liebe correctiv Redaktion. Sie schreiben, dass Sie unabhängig recherchieren, Missstände aufdecken und bitten um finanzielle Unterstützung für Ihre Arbeit. Ich bin froh, dass es solche Initiativen gibt, denn die Berichterstattung scheint selten objektiv und frei von Interessen.

    Ich bezeichne unsere Arbeit als Ratingagentur für Versicherungen übrigens ebenfalls als unabhängig, wobei man über dieses Adjektiv stets wunderbar diskutieren kann. Unsere Arbeitsweise und die Quelle, Gewinnung und Verarbeitung von Daten ist bei uns auf der Website zu jedem Rating veröffentlicht. Unsere Arbeit, die nachweislich in den letzten 22 Jahren die Berufsunfähigkeitsversicherung im Sinne des Verbrauchers deutlich verbessert hat und 2008 zum Teil sogar in das Versicherungsvertragsgesetz aufgenommen wurde, wird in dieser „Studie“ ebenso pauschal kritisiert, wie die Versicherer.

    Was mich wundert: wenn Sie unabhängig recherchieren, warum ist Ihnen hier die offensichtliche Interessensvermischung entgangen? Der Herausgeber der Studie hat bis Ende 2015 als Makler selbst Versicherungen vermittelt, betreibt seit vielen Jahren eine eigene Software für Versicherungsvergleiche, empfiehlt Maklern Versicherungsprodukte und Vertriebsstrategien (sollte es nicht besser um Beratungsstrategien gehen?), und berät vor allem seit Jahren Versicherer bei der Gestaltung von Versicherungsbedingungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen. In der Software werden die besten Tarife in einer Rangfolge von 1 bis x auf Basis der eigenen Einschätzung der Versicherungsbedingungen gelistet. Das wird zwar nicht Rating genannt, aber wo ist der Unterschied zu den kritisierten Ratings?

    Mindestens zwei Fragen stehen doch deutlich im Raum:
    1. Wenn der Studienautor seit Jahren Versicherer bei der Formulierung von Versicherungsbedingungen berät, warum werden diese Bedingungen jetzt derart kritisiert?
    2. Wenn genau diese Beratung das Geschäftsfeld des Herausgebers ist, passt das vorgestellte Ergebnis dann nicht exakt auf dieses Geschäftsmodell?

    Abschließend möchte ich noch anmerken, dass die veröffentlichen Zahlen und Quoten bei den Unternehmen abgefragt wurden und somit nicht überprüft werden konnten. Somit ist die Studie potentiellen Manipulationen ausgesetzt. Allein dieser Umstand erklärt so manche Schwankungsbreite der Zahlen. Zudem gibt es fachliche Hintergründe, durch die einige der unterschiedlichen Werte je Unternehmen erklärbar sind. Von der Schaffung der diesbezüglichen Transparenz scheint man hier Abstand genommen zu haben. Man muss als Kritiker schon klar herausarbeiten, an welchen Stellen die Branche Defizite hat und an welcher Stelle andere Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Knappheit fachrichtungsspezifischer Gutachter, die Ergebnisse beeinflussen. So würde sich im Studienfazit aber kein undifferenzierter Rundumschlag mehr ergeben, sondern sich die bereits seit Jahren bekannten und in vielen Veröffentlichungen bereits kritisierten Schwachstellen zeigen.

    Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit der Berufsunfähigkeitsversicherung, habe hierzu 1995 das erste Produktrating im deutschen Markt veröffentlich und mein Unternehmen bewertet heute sowohl Produkte als auch Versicherer auf Basis von umfangreichen Stichproben. Seit Jahren veröffentlichen wir kritische Analysen, Studien und Stellungnahmen.

    Gerne stehe ich Ihnen für Fragen und Diskussionen zur Verfügung.<<

  3. Hier das GDV-Statement an den Versicherungsmonitor im Wortlaut:

    Der Verband ist wie im Vorjahr davon ausgegangen, dass wieder eine Reihe Unternehmen an der Umfrage von PremiumCircle Deutschland GmbH (PCD) teilnehmen wird. Dementsprechend hat der Verband wie im Vorjahr darum gebeten, die Daten parallel zu übermitteln, um bei journalistischen Nachfragen aus Branchensicht sprachfähig zu sein. So konnten wir bei der letzten Umfrage u.a. erkennen und aufklären, dass einzelne extreme Ausreißer bei den Unternehmensdaten tatsächlich unzutreffend waren. Z.B. gab es im Vorfeld Übermittlungsfehler, die PCD in einer Plausibilitätsüberprüfung vor Veröffentlichung hätten entdecken können.

    Grundsätzlich war uns wichtig, auf die Arbeitsweise von PCD hinzuweisen, die sich von der anderer Ratingagenturen bzw. Beratungsunternehmen unterscheidet. Sie erstellen nicht lediglich BU-Analysen, sondern treten gleichzeitig auch geschäftspolitisch dergestalt auf, dass kostenpflichtige Beratungen zur Optimierung der Bedingungen im Hinblick auf die PCD-Rating-Methodik angeboten werden. Zusätzlich bietet PCD eine Vergleichssoftware an, die die aus Sicht von PCD abschlussrelevanten, vertraglich garantierten AVB-Leistungen verschiedener Versicherer u.a. für die Berufsunfähigkeitsversicherung vergleicht.

    Die von PCD im Kern verwandte statistische Methode, allein aus der Abweichung einzelner Unternehmen vom Marktdurchschnitt auf Missstände bei einzelnen Unternehmen zu schließen, halten wir angesichts der bei vielen der Unternehmen häufig sehr kleinen Datenbasis für fachlich nicht vertretbar. Tatsächlich kommt es bei kleinen Fallzahlen generell von Jahr zu Jahr zu starken Zufallsschwankungen, die einen generalisierenden Rückschluss auf das Leistungsverhalten im Allgemeinen verbieten. Verlässlicher sind Marktdurchschnittswerte. Diese zeigen ein – wie die Anlage zeigt – unauffälliges Bild.

    Dagegen wurden durch eine u.E. einseitige Ergebnisdarstellung Berichterstattungen bewirkt, die den Eindruck genereller Missstände bei der Leistungsprüfung erzeugten. Die diesbezügliche generalisierende Hauptkritik von PCD, die Unternehmen würden in ihren Bedingungen eine große Zahl „unbestimmter Rechtsbegriffe“ nutzten, geht u.E. fehl, da die komplexe Realität unterschiedlichster Lebenssachverhalte grundsätzlich nur abstrakt erfasst werden kann. Das gesamte deutsche kodifizierte Recht arbeitet mit ausfüllungsfähigen Rechtsbegriffen, da die konkrete Erfassung jedes denkbaren Lebenssachverhalts nur durch Subsumtion unter abstrakte rechtliche Formulierungen möglich ist. Die Aufzählung sämtlicher konkreter Begriffe, die die gesamte Realität detailliert erfassen, wäre extrem unübersichtlich und damit intransparent, ggf. sogar überhaupt unmöglich.

    Der Zweck unseres Rundschreibens war es lediglich, die Mitgliedsunternehmen transparent über die Hintergründe der Befragung und die verwandte Methodik zu informieren. Die geschäftspolitische Entscheidung über eine Umfrageteilnahme trifft jedes Unternehmen selbständig.

    C. Ponzel, GDV

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