Im deutschen D&O-Markt deutet sich eine langsame Preiswende an. Bei der aktuellen Erneuerung sind die Prämien in der Managerhaftpflichtversicherung nicht mehr so stark gesunken, wie in den Vorjahren, sagte Allianz-Commercial-Manager Alfred Mora dem Versicherungsmonitor anlässlich der Veröffentlichung eines neuen D&O-Reports des Versicherers. Die D&O-Versicherer stehen vor einer Reihe von Großschäden, dazu kommen neue Haftungsrisiken, etwa durch künstliche Intelligenz.

© Allianz Commercial
Die Preise für D&O-Versicherungen werden sich nach zwei Jahren mit sinkenden Preisen 2026 etwas stabilisieren, erwartet Allianz Commercial, die virtuelle Einheit für Gewerbe- und Industrieversicherungen des Allianz-Konzerns. „Die Prämienreduzierungen auf dem deutschen Markt sind abgeebbt“, sagte Alfred Mora, Chief Underwriter für Financial Lines in Deutschland und der Schweiz im Gespräch mit dem Versicherungsmonitor. „Wir haben noch Reduzierungen gespürt, es hat aber nachgelassen.“
Nach starken Preiserhöhungen in den Jahren 2021 und 2022 waren die Preise in der D&O-Versicherung in den vergangenen beiden Jahren unter Druck geraten und teilweise stark gesunken. Angesichts steigender Insolvenzzahlen und einer Reihe drohender Großschäden hatte der Makler Willis bereits im Oktober prognostiziert, dass es in den kommenden ein bis zwei Jahren wieder einen harten Markt in der Managerhaftpflichtversicherung geben könnte – also hohe Preise und strenge Bedingungen bei knappen Kapazitäten.
So weit ist es allerdings bei weitem noch nicht. Laut Allianz werde ein großer Teil der Verträge zum 1. Januar 2026 unverändert erneuert. Es gebe allerdings auch Kunden, die angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage und aufgrund von internen Kostensenkungsmaßnahmen auf weitere Prämienreduzierungen drängen. Dazu komme, dass es immer noch genügend Kapazität im Markt gebe, vor allem für höhere Layer. Mittelfristig sei ein Anstieg der Prämien zu erwarten, denn die Prämien spiegelten das tatsächliche Haftungsrisiko nicht wider, sagte Mora.
Laut Zahlen des GDV sind die Schäden in der D&O-Versicherung 2024 das dritte Jahr in Folge angestiegen. Die Zahl der Fälle hat sich gegenüber dem Jahr 2023 um fast 12 Prozent auf rund 2.500 erhöht. Im Schnitt kostete jeder Schaden die deutschen Anbieter mehr als 115.000 Euro – das war eine Steigerung von fast 14 Prozent gegenüber 2023.
Insolvenzen und Großschäden belasten Geschäft
Für dieses Jahr dürfte es nicht viel besser aussehen. Im ersten Halbjahr 2025 ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen – einer der wichtigsten Treiber für D&O-Schäden – laut Statistischem Bundesamt um 12 Prozent auf knapp 12.000 gestiegen. Dazu dürften einige Großschäden auf die Branche zukommen. Eine Aktionärsklage in den USA gegen die Telekom hat das Potenzial zum Rekordschaden. Dass der Bundesgerichtshof den Vergleich des Autobauers VW mit den D&O-Versicherern im Dieselskandal gekippt hat, ist ebenfalls keine gute Nachricht für die Branche.
Allianz Commercial hat die aktuelle Risikosituation in einem am Mittwoch erscheinenden Bericht untersucht. Dabei kommt der Versicherer zu dem Schluss, dass die Haftungsrisiken für Unternehmenslenker weltweit steigen. Dafür sorgen nicht nur geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten, die für steigende Insolvenzzahlen sorgen, sondern auch strengere Regulierungsvorschriften etwa bei der Cybersicherheit, die Ansatzpunkte für Inanspruchnahmen der Verantwortlichen in Unternehmen bieten können. Dazu kommen weitere Themen, die in Zukunft ebenfalls für D&O-Schäden sorgen könnten: Die Diskussion um die Ewigkeitschemikalien PFAS und die künstliche Intelligenz stellen zusätzliche Risiken für Manager dar.
Wie Cyber und KI zum D&O-Risiko werden
Cybervorfälle sorgen bereits regelmäßig für Schäden in der D&O-Versicherung, so der Allianz-Report. Dabei geht es in der Regel darum, dass Verantwortliche die Cybersicherheit ihres Unternehmens nicht ausreichend sichergestellt haben. Sollte ein Cybervorfall zu finanziellen Verlusten führen, sieht sich das Management schnell Forderungen von Aktionären, Kunden oder Zulieferern gegenüber, falls es keine angemessenen Maßnahmen zur Kontrolle von Cyberrisiken oder Pläne zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs umgesetzt. Auch eine fehlende oder vermeintlich zu niedrige Cyberdeckung könne zu Ansprüchen führen, so der Bericht.
Künftig könnte auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen zunehmend zu Schäden in der D&O-Versicherung führen, befürchtet Allianz Commercial. Laut Allianz-Experte Mora drohen mögliche Haftungsrisiken, wenn das Management die Vorteile des KI-Einsatzes übertrieben hat – in Anlehnung an den Begriff Greenwashing als AI-Washing bezeichnet.
Patrick Hagen
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