Kleinere Rückversicherer sollten sich auf spezielle Sparten konzentrieren, wenn sie überleben wollen, glaubt die Rating-Agentur Standard & Poor’s. Weil immer mehr externes Kapital in den Markt strömt, wird der Wettbewerb spürbar härter. Die Preise sind unter Druck.
Kleinere Rückversicherer müssen sich stärker spezialisieren, wenn sie die aktuellen Herausforderungen der Branche meistern wollen.
„Sie müssen sich positionieren, um nicht aus dem Markt herausgedrängt zu werden“, sagt Johannes Bender, Associate Director bei der Rating-Agentur Standard and Poor’s (S&P). Das Unternehmen hat im Vorfeld der anstehenden Vertragsverhandlungen in Monte Carlo die Branche unter die Lupe genommen.
Während große Rückversicherer wie Munich Re, Swiss Re, Hannover Rück und Scor auf Diversifikation setzen – und zum Beispiel verstärkt auch mit der Großindustrie direkt Geschäfte machen – kann für kleinere Anbieter eine Spezialisierung auf bestimmte Sparten wie die Transportrückversicherung sinnvoll sein. „Es ist ein Alleinstellungsmerkmal nötig“, sagt Bender.
Aktuelle Hauptsorge der Branche sind die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt und ihre Folgen. Sie schmälern nicht nur die Kapitalerträge der Rückversicherer, sondern locken auch branchenfremde Investoren wie Pensionsfonds, Hedgefonds und institutionelle Anleger auf der Suche nach renditestarken Anlagen in den Markt. So wird das Volumen der neu emittierten Katastrophenanleihen Ende dieses Jahres nach Einschätzung von S&P 7 Mrd. Dollar (5,3 Mrd. Euro) erreichen. Das ist so viel wie zuletzt 2007.
Branchenfremdes Kapital strömt in den Markt
„Das externe Kapital, das in den Markt drängt, stellt ein reales Risiko für die Rückversicherer dar“, sagt Bender. Das Überangebot an Kapazität übt erheblichen Druck auf die Preise aus. Das sei schon in der Erneuerungsrunde im Juli erkennbar gewesen, so Bender. Vor allem die Prämien im Geschäft mit Naturkatastrophenrisiken in den USA gaben deutlich nach. „In Florida sind die Preise sogar zwischen 15 und 20 Prozent durch das externe Kapital gesunken“, sagt er.
Der Trend werde sich auch in den am Wochenende beginnenden Vertragsverhandlungen in Monte Carlo weiter fortsetzen, zumindest im US-Katastrophengeschäft. „In anderen Segmenten und Regionen glauben wir, dass dies weniger stark ausgeprägt ist und sehr unterschiedlich ausfallen kann“, so Bender. Bei den US-Katastrophendeckungen fürchtet er allerdings, dass sie sich langsam in standardisierte, preisgetriebene Massenware verwandeln.
Bender sieht aber auch positive Aspekte des starken Kapitalzuflusses durch externe Geldgeber. „Rückversicherer, die in die Strukturierung von Verbriefungen involviert sind, können sich einen neuen Einkommensstrom erschließen.“ Die Extra-Gebühren, die diese Dienstleistung einbringt, sind vom Kapitalanlage- und vom Versicherungsgeschäft unabhängig.
„Zudem sind die Verbriefungen eine neue Assetklasse für Rückversicherer, die gute Renditechancen eröffnet“, sagt er. Über Verbriefungen könnten Rückversicherer in Regionen investieren, in denen sie sonst nicht aktiv sind.
Der Analyst glaubt allerdings, dass die externen Kapitalgeber den Markt auch schnell wieder verlassen könnten. „Wenn die Zinsen steigen, wird einiges von dem externen Kapital wieder verschwinden.“
Trotz des heftigen Wettbewerbsdrucks sieht er die Branche gut aufgestellt. „Die Industrie hat sehr robuste Ergebnisse abgeliefert, obwohl 2012 das drittgrößte Schadenjahr war“, sagt Bender. Die Branche hatte versicherte Schäden von 77 Mrd. Dollar zu beklagen.
Trotzdem konnten die 40 größten Rückversicherer ein Eigenkapital von 388 Mrd. Dollar vorweisen. Die 23 von S&P beobachteten Rückversicherer hätten 34 Mrd. Dollar mehr Kapital, als sie für ihre Ratingstufe benötigten.
Im Jahr 2012 kamen die Rückversicherer weltweit auf eine Schaden/Kostenquote von 88,1 Prozent der Beiträge, die Eigenkapitalrendite lag bei 14,4 Prozent und die Umsatzrendite bei 22,5 Prozent.
Die Rückversicherer müssen sich nach Benders Einschätzung in diesem und im nächsten Jahr auf sinkende Erträge und steigende Schaden/Kostenquoten einstellen (siehe Grafik).
Grund sei der Druck auf die Preise und die niedrigen Zinsen. Zwar rechnet S&P mit einem Anstieg der Zinsen bei US-Papieren. Da die Rückversicherer aber meist langfristig investieren, kann es einige Jahre dauern, bis sich steigende Zinsen in Form höherer Kapitalerträge bemerkbar machen.
Friederike Krieger
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