„Der Bestseller“, Krimikomödie von Celino Bleiweiss (Regie) und Erich Tomek (Buch); Kamera: Raoul Deluz, Produktion: WTS Film (ARD, 27.4., 20.15-21.45 Uhr)
Auf Gran Canaria plätschern die Wellen sanft und harmlos an den Strand. Die Krimikomödie tut es ihnen nach. Nun hechelt auch die ARD der Insel-Filmchen-Mode hinterher. Sie bietet Ottfried Fischer auf, schreibt ihm die Rolle des Bestseller-Autors von Krimis auf den Leib, den Leo Leitner, der einen Kommissar mit Namen Trüffelschwein erfand.
Doch Masse ist nicht gleich Klasse. Wehmütig sieht man vor dem inneren Auge einen gewissen Hercule P. im Urlaub in ähnlich südlichen Gefilden mit psychischer Raffinesse gezwungenermaßen Mörder jagen. Dieser Herr ist wirklich imposant, sein Milieu luxuriös und mondän. Leo Leitner ist eigentlich nur fett. Gran Canaria ist nur Kulisse für bayerische Touristen und das Palm Beach Hotel Spielwiese für zwielichtige Angeber und Möchtegerns.
Die Story ist urdeutsch. Man bleibt unter sich. Die Hotelmanagerin, das agierende Personal – alles deutsch, sprich bayerisch. Leo wird wegen Schreibhemmung von seinem Verleger auf die Insel verfrachtet und erhält als Zugabe (kleines Geburtstagsgeschenk) das vermeintliche Callgirl Monica (Nina Proll) zur Anregung. Mit ihr fällt ihm auch ein Verbrechen in den Schoß, beziehungsweise eine Leiche in Monicas Badewanne.
Die schafft er beiseite, ohne seinen Freund, den Commissario Miguel (Hans Clarin) zu informieren. Der hat übrigens, damit man sein akzentfreies Deutsch hinnimmt, eine deutsche Mutter. Im Hotel überbieten sich an Geheimniskrämerei die Staatsanwältin Anja Krüger (Simone Thomalla), die Polizistin Eva (Saskia Valencia) und der Animateur Tom, der sich immer mit irrer Geschwindigkleit die Klamotten vom Leib reißt. Sie alle gieren nach den verschwundenen 30 Millionen, die der Münchener Banker Erich Rogner (Miguel Herz-Kestranek) unterschlug, damit nach Gran Canaria floh und dort im Knast sitzt.
Unter südlicher Sonne geht halt alles langsamer. Der Film schwelgt belanglos gut siebzig Minuten in der üblichen Szenerie: Palmen, Kakteen, Strand, unnatürlich blauer Pool, romantische Restaurants, Häuser und Plätze als Kulissen. Es wird geflirtet, geschwatzt, es werden tolle Autos gefahren, die Damen tragen ihre Kostümchen und Fähnchen spazieren. Banale Dialoge ohne Witz, ab und an ein Kalauer. Keine Situationskomik, nur abgedroschene Klischees.
Alles gipfelt im schwankenden Schluss: Irgendwie haben alle Rogners Flucht eingefädelt, die vor einem Hubschrauber endet, in dem Leo und Monica sitzen. Anja steckt als Rogners Geliebte mit ihm unter einer Decke, wird aber von Eva aus dem Feld geschlagen, die nun auch seine Geliebte ist. Miguel, mit Großaufgebot an Polizei, verhaftet die Übeltäter. Auch Monica lüftet ihr Geheimnis. Sie ist nicht Callgirl, sondern Privatdetektivin. Somit eine tolerable Partnerin für Leo.
In der Regie von Celino Bleiweiss war das so spannend und komisch wie Erbsenzählen. Routiniert, lieblos, bieder, trivial. Sein Spiel mit Klischees blieb ohne eigenes Zutun, ohne Ansatz von Fantasie. Ermüdend auch die ständige Wiederholung gleicher Vorgänge: die Verfolgung von Anja, die Verhöre, Evas Kontakte zum Verfolger, der späteren Leiche, die Durchsuchung der Hotelzimmer. Leos Gelabere über Krimis.
Bleiweiss konnte auch mit den Darstellern wenig anfangen. Die Damen hatten schön zu sein, die Herren durchtrieben. Die Hauptfigur Leo war zwar immerzu im Bild, aber wenig präsent. Ottfried Fischer ging hier weit unter sein Niveau, reduzierte sich auf beleibt und nett. Simone Thomalla hielt ihr Gesicht unbewegt in die Kamera – lieber schön sein als lebendig. Saskia Valencia ließ ihr hochblondes Haar wehen und fühlte sich wohl mehr als Model denn als Schauspielerin.
Eine Ausnahme war Nina Proll als Monica. Sie traf genau den leichten Ton, der einer Krimikomödie gut tut, sie wirkte frisch und spielfreudig, forsch und sogar ein wenig frivol.
Wieder einmal Gebührengelder für Schrott in den Sand gesetzt, in spanischen Sand. Prima Werbung für Gran Canaria. Renate Stinn.
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Quelle: Financial Times Deutschland
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