Mannheimer-Chef Hans Schreiber gilt als einer der Väter der Riester-Rente. Der Vizepräsident des Arbeitgeberverbandes BDA hat das Vertrauen von Arbeitsminister Walter Riester. Für das eigene Unternehmen bringt das nicht automatisch Erfolg. Schreibers Strategie: Ein Internet-Lebensversicherer.. Von Ilse Schlingensiepen
Hans Schreiber kennt die Riester-Rente so gut, als wäre sie in seinem Unternehmen entwickelt worden. Der Vorstandsvorsitzende der Mannheimer Versicherung hat maßgeblich dazu beigetragen, die Sicht der Versicherungswirtschaft in die Reform einfließen zu lassen. Gleichzeitig nahm er das Riester-Konzept gegen Kritiker in den eigenen Reihen in Schutz. „Walter Riester und ich haben eine politisch sehr gute Arbeitsbeziehung“, sagt er. Doch ein gutes Gesetz garantiert ihm noch keinen geschäftlichen Erfolg. Schreiber weiß, dass es kleine Gesellschaften schwer haben gegen übermächtige Konkurrenz wie Allianz oder Ergo.
Bislang hat sich die Mannheimer vor allem mit ihrem Fokus auf besondere Zielgruppen einen Namen gemacht, etwa mit speziellen Versicherungsprodukten für Musiker, Juweliere, Kunstliebhaber. Diese Ausrichtung hilft bei der Riester-Rente nicht weiter. Hier müssen standardisierte Angebote her. Sobald sich der Wandel auf dem Vorsorgesektor abzeichnete, hat Schreiber reagiert und den Schwenk zum Massenmarkt vorbereitet. Sein Vehikel: der neue Internet-Lebensversicherer Mamax.
Bei der Mamax erledigt der Computer alle Geschäftsabläufe – vom Antrag bis zum Ausstellen der Police. Nur den unterschriebenen Vertrag muss der Kunde noch per Post zurückschicken. Das senkt den Kostenaufwand des Versicherers erheblich. Nach Schreibers Angaben liegen die Abschlusskosten bei der Mamax bei fünf Promille der gesamten Beitragssumme. Zum Vergleich: Traditionelle Policen kosten 40 Promille.
Hauptkostenfaktor ist das Marketing. Darauf entfallen zwei Drittel der Ausgaben. Der Rest geht für IT-Entwicklung und die zehn Mitarbeiter drauf. Im vergangenen Jahr steckte die Mamax 10 Mio. DM in die Werbung, 2001 sind es 18 Mio. DM.
Die Gesellschaft schlüsselt ihren Kunden genau auf, wofür ihr Beitrag verwendet wird – Risikoschutz, Kosten, Sparanteil. Künftig werden auch der jährliche Abgleich der Riester-Policen mit den Fördervoraussetzungen und die Anpassung der Prämien bei der Mamax automatisch ablaufen. Schreiber gibt sich sicher, dass seine Konkurrenten, die oft keine gut funktionierende Datenverarbeitung besitzen, durch die hohen Kosten für die jährliche Neuberechnung der Miniprämien erhebliche Probleme bekommen werden.
Die Mamax ging am 12. September 2000 online (www.mamax.com ), zunächst mit einer klassischen Rentenversicherung. Inzwischen sind eine Risikolebens-und eine Berufsunfähigkeitsversicherung hinzugekommen. Bald folgt eine fondsgebundene Police. Unter der Marke „Neue Rente“ bietet die Mamax seit dem 11. Mai, als der Bundesrat der Rentenreform zustimmte, auch ein Riester-fähiges Produkt an – eine klassische Rentenversicherung mit garantierten 3,25 Prozent.
Dass bei der Mamax keine Provisionen anfallen, verschafft der Gesellschaft einen großen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, glaubt Schreiber. Denn bei der Riester-Rente können Kunden jederzeit ohne finanziellen Verlust zwischen den Anbietern wechseln. Der vorherige Versicherer und seine Vertreter bleiben auf den Abschlusskosten sitzen, wenn Kunden ihren Vertrag stornieren und sich einen neuen Anbieter suchen. Gerade Versicherungen, die jetzt den Verkauf von Riester-Produkten pushen, müssen damit rechnen, dass ihnen die Kunden genauso schnell wieder von der Stange gehen, erwartet Schreiber. „Ich bin gespannt, wo diese Gesellschaften die notwendigen Stornoreserven hernehmen.“ Für Schreiber gibt es keinen Zweifel: Die Versicherer müssen an die Reserven der bestehenden traditionellen Lebensversicherungskunden, was dort langfristig für niedrigere Renditen sorgt.
Die Riester-Rente wird einen durchgreifenden Effekt auf den Lebensversicherungsmarkt haben, erwartet der Versicherungsvorstand. „Sie räumt mit lieb gewonnenen Usancen auf.“ Dabei gehe es nicht nur um die hohen Abschlussprovisionen. „Die Rente macht die Kunden mündiger, informierter und anspruchsvoller. Das wird sich auch auf dem normalen Lebensversicherungsmarkt niederschlagen.“
Schreibers Freude an der Online-Tochter Mamax ist aber in einem nicht ganz unwesentlichen Punkt getrübt: Ihr Geschäftserfolg ist mäßig. Die Gesellschaft hat erst 200 Verträge im Bestand. Für Ende 2001 peilt sie optimistisch rund 5000 Verträge an. Ende kommenden Jahres sollen es 23500 sein, 2006 stehen 180000 im Plan. Rund ein Drittel sollen über die Riester-Rente kommen. 2001 will die Mamax 1200 Riester-Policen verkaufen, kommendes Jahr 9000. Schreiber rechnet mit Gesamtprämieneinnahmen von 3,8 Mio. DM für 2001 bei der Mamax. Läuft das Geschäft wie geplant, wären es 2006 schon 254 Mio. DM. Der künftige Erfolg der Gesellschaft zeichne sich schon jetzt ab, ist Mamax-Vorstand Stephan von Ritter überzeugt. „Uns haben schon mehr als 4000 potenzielle Kunden ihren Namen geschickt und Interesse bekundet.“
Ein Callcenter führt Online-Kunden mit Beratungsbedarf zum Abschluss. Der traditionelle Außendienst kommt nicht zum Zug. Der ist auf das Riester-Geschäft ohnehin nicht scharf, weiß Schreiber. Anders als die meisten Konkurrenten finanziert die Mannheimer keine Provisionen vor, liegt aber in der Höhe über den Marktführern. Bei der Mannheimer Lebensversicherung gibt es eine gleichmäßig über die Laufzeit verteilte Provision von drei Prozent über die gesamten Beiträge, also privater Teil und staatliche Förderung.
Auch das Feld der betrieblichen Altersvorsorge lässt die Gruppe nicht unbestellt. „Auf betriebliche Altersvorsorge wird rund ein Drittel des Gesamtvolumens entfallen“, schätzt Schreiber. Die Mannheimer hat deshalb einen Pensionsfonds gegründet.
Über ihre Investmentgesellschaft Mannheimer Asset Management will die Mannheimer demnächst einen Altersvorsorge-Sondervermögenfonds anbieten, kündigte Schreiber an. „Er wird einen Aktienanteil von 50 Prozent und eine Mindestgarantie aufweisen.“ Für Ende Juli erwartet er die Zulassung durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen. „Wenn’s klappt, sind wir wohl die Ersten, die einen Fonds mit einer Mindestgarantie anbieten“, sagt Schreiber, erfreut darüber, den Investmentgesellschaften auf eigenem Terrain eine Nase zu drehen.
Der erste reine Internet-Lebensversicherer zielt genau auf Riester-Kunden.
Mannheimer Versicherung AG Hans Schreiber Der 58-Jährige ist Chef der Mannheimer-Gruppe und der Versicherungsarbeitgeber. Sein guter Draht zu Walter Riester ist wichtig für die Branche.
Mamax
Die Mannheimer-Gruppe setzt bei Riester voll auf den eigens gegründeten Internet-Versicherer Mamax. Dieser hat bisher erst insgesamt 200 Policen verkauft.
Abgesagt
Den eigentlich für 2002 geplanten Börsengang hat Mannheimer-Chef Schreiber abgesagt. Denn vor 2004 dürfte die Mamax keinen Gewinn machen.
Klassisch
Bisher bietet Mamax als Riester-Produkt nur eine klassische Rentenversicherung an, die mit 3,25 Prozent Garantieverzinsung ausgestattet ist.
Quelle: Financial Times Deutschland
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