Spannung in den Vorstandsetagen großer Versicherer: In diesen Tagen entscheiden die Arbeitgeber der Chemie-Industrie und die IG Bergbau, Chemie und Energie unter ihrem Vorsitzenden Hubertus Schmoldt, welche Anbieter den tariflich vereinbarten Chemie-Pensionsfonds führen werden. Es geht um ein Kundenpotenzial von mindestens 400000 Versicherten, für die eine überbetriebliche Lösung angeboten wird. Sie kommen vor allem aus mittleren und kleinen Betrieben. Die großen Chemiekonzerne werden betriebliche Lösungen wählen oder bestehende umstellen.
Die Unternehmer der Chemie-Industrie und anderer Branchen wie die Metall-Industrie, in denen die Verhandlungen noch laufen, sind damit auf jeden Fall eine Sorge los: sich selbst um die immer komplizierteren Regeln betrieblicher Altersvorsorge kümmern zu müssen.
Ab dem 1. Januar 2002 haben Arbeitnehmer das Recht, vom Arbeitgeber für einen Teil ihres Gehalts die so genannte Entgeltumwandlung zu verlangen. Unabhängig vom individuellen Einkommen können die Beschäftigten so bis zu vier Prozent der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherungsbeiträge für ihr Alter sparen. Zur Zeit sind das vier Prozent von 104400 DM (alte Bundesländer) oder 87600 DM (neue Bundesländer), also 4176 DM oder 3504 DM pro Jahr. Bestehende Entgeltumwandlungen werden darauf angerechnet. Das heißt nicht automatisch, dass der Arbeitgeber selbst Leistungen erbringt. Aber er muss eine betriebliche Altersvorsorge vorhalten.
Auch der Schlossermeister mit fünf Gesellen und zwei Lehrlingen oder der Werbeagenturinhaber mit vierzig Angestellten sollten sich so bald wie möglich um das Problem kümmern, meint Uwe Langohr-Plato von der Geschäftsleitung der Gerling Pensionsmanagement. Denn wenn ein Betrieb bis zum 1. Januar 2002 keine einheitliche Lösung gefunden hat, hat jeder Beschäftigte individuell Anspruch darauf, dass der Chef eine so genannte Direktversicherung für ihn abschließt. Das ist eine Rentenversicherungspolice, für die er den vorher vom Gehalt einbehaltenen Beitrag abführt.
„Da hat der eine Mitarbeiter diesen Kegelbruder bei der Versicherung A und der andere einen Sportkameraden, der die Versicherung B vertritt, und plötzlich müssen Sie als Arbeitgeber mit zwanzig verschiedenen Versicherern verhandeln“, warnt Langohr-Plato. „Dann ist die Personalstelle sofort überlastet.“ Kleine und mittlere Unternehmen sollten sich deshalb über das Thema überbetriebliche Versorgungseinrichtungen – Pensionskassen oder Pensionsfonds – oder einen Gruppenvertrag für Direktversicherungen miteiner Gesellschaft informieren, empfiehlt er. Denn wenn der Arbeitgeber sich für einen dieser Durchführungswege entschieden hat, ist er für die Mitarbeiter bindend.
„Selbst Betriebe mit fünfhundert oder tausend Beschäftigten sollten sich für eine überbetriebliche Lösung entscheiden“, sagt Langohr-Plato. „Der Aufwand für eine eigene Pensionskasse oder einen Pensionsfonds ist viel zu groß.“ Er glaubt, dass Betriebe mindestens 3000 bis 5000 Mitarbeiter haben sollten, damit sich eine eigene Einrichtung lohnt.
Pensionskassen oder Pensionsfonds unterscheiden sich unter anderem in ihren Anlagemöglichkeiten. Pensionskassen dürfen wie Lebensversicherer zur Zeit nur 30 Prozent in Aktien anlegen, Pensionsfonds deutlich mehr – Einzelheiten muss das Finanzministerium noch festlegen. „Wenn man sich für eine überbetriebliche Pensionskasse entscheidet, ist das etwas konservativer, ein Pensionsfonds geht ein etwas höheres Risiko ein“, erläutert Langohr-Plato. Die Anlagechancen beim Pensionsfonds seien aber auch deutlich besser. Allerdings besteht ein Kostenunterschied zwischen den beiden Formen: Entscheidet er sich für einen Pensionsfonds, muss der Arbeitgeber Mitglied des Pensionssicherungsvereins (PSV) werden. Bei Pensionskassen besteht diese Verpflichtung nicht. Der PSV sichert im Insolvenzfall die betriebliche Altersvorsorge der Mitarbeiter.
Langohr-Plato erwartet, dass viele Mitarbeiter den (einklagbaren) Anspruch auf Entgeltumwandlung stellen werden. „Dafür sorgt schon die Tatsache, dass der so umgewandelte Gehaltsteil bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze bis 2008 steuer-und sozialbeitragsfrei ist, ab dann nur noch steuerfrei.“ Die Befreiung gilt allerdings nur, wenn der Mitarbeiter für diese Beiträge nicht die staatliche Förderung der so genannten Riester-Rente in Anspruch nimmt. Tut er das, werden die Beiträge in voller Höhe steuer-undsozialversicherungspflichtig, so Langohr-Plato. „Viele Arbeitnehmer werden deshalb zusätzlich zur betrieblichen Lösung eine private Riester-Police abschließen.“ Das bringt ihnen – wenn ihr Einkommen es zulässt – sowohl den staatlichen Zuschuss wie die Steuerfreiheit der betrieblichen Altersversorgung.
Die Beiträge zu Direktversicherungen sind, anders als die zu Pensionsfonds und Pensionskassen, nicht von Steuern und Sozialabgaben befreit. Gegen diese Ungleichbehandlung wollen die Versicherer klagen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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