Kreditgeber setzen Kinowelt eine Frist

Von Thomas Clark, Hamburg, und Herbert Fromme, München

Der Druck der Banken auf den Medienkonzern Kinowelt wird immer größer. Laut Informationen dieser Zeitung wollen die federführenden Kreditgeber nur noch wenige Tage auf einen Refinanzierungsplan des Managements warten, der die zukünftige Liquidität des Unternehmens sichert.

Daraus ergibt sich, dass die Kreditinstitute nicht bereit sind, in deraktuellen Situation einer dringend notwendigen Umschuldung der kurzfristigen Kredite auf langfristige Verbindlichkeiten zuzustimmen. Analysten gehen davon aus, dass Kinowelt, deren Geschäftsfelder sich vom Filmrechtehandel über den DVD-Verkauf bis hin zum Kinobetrieb erstrecken, bis Ende des Jahres 600Mio.DM an Krediten zurückzahlen muss. Ein Sprecher des Unternehmens bezifferte den Betrag hingegen auf „unter 500Mio.DM“.

„Wir können noch einige Wochen, vielleicht sogar einige Monate unsere Verbindlichkeiten bezahlen,“ sagte Jörg Lang. Er ist bei der börsennotierten Kinowelt Medien AG für Investor Relations zuständig und darum bemüht, die Brisanz der Situation herunter zu spielen. Wie viel Geld Kinowelt in den nächsten Wochen an die Banken zurückzahlen muss, wollte er jedoch nicht sagen.

Ebenso unklar ist, wer als möglicher strategischer Partner bei Kinowelt einsteigen könnte. Aus Kreisen des Unternehmens ist zu hören, dass für eine Lösung der dramatischen Finanzprobleme fünf Alternativen in Betracht kommen. Mit den verschiedenen Gruppen hätten gestern Gespräche stattgefunden.

Branchenkreise bezweifeln hingegen, dass in der augenblicklichen Situation jemand an einem Einstieg interessiert ist. Nach Informationen dieser Zeitung haben in der Vergangenheit etwa der französische Filmkonzern Studio Canal (Vivendi Universal), der US-Medienriese AOL Time Warner und etliche angloamerikanische Medienfonds Interesse an einen Einstieg bekundet. Diese Gespräche sollen aber durch die Bank schon vor geraumer Zeit beendet worden sein – ergebnislos.

Bei der morgigen Bekanntgabe der Halbjahreszahlen will sich Firmenchef Michael Kölmel nach langem Schweigen zur Zukunft des Unternehmens äußern, das er 1984 gegründet hat.

Dass die präsentierten Zahlen sehr schlecht sein werden, meinen Analysten unisono. Die Prognosen über den Verlust im operativen Geschäft (Ebit) reichen von 28 Mio. Euro (Merrill Lynch) bis zu mehr als 60 Mio. Euro (Westdeutsche Landesbank). Hinzu könnten noch einige außerordentliche Abschreibungen kommen. „Diese Zahlen sind jedoch gar nicht so wichtig. Für uns ist der Verschuldungsgrad entscheidend“, sagt Bernhard Tubeileh, Analyst bei Merrill Lynch in Frankfurt.

Den kennen jedenfalls die BHF-Bank und die Hypo Vereinsbank. Sie sind bei zwei unterschiedlichen Großkrediten jeweils Konsortialführer mit zahlreichen Banken. Insgesamt sind über 15 Banken involviert.

Einbezogen ist auch die Münchenener Rückversicherung, die mit knapp fünf Prozent an Kinowelt beteiligt ist. Deren Vorstand Jörg Schneider nahm gestern bei einer Pressekonferenz bei der Bewertung dieser Beteiligung kein Blatt vor den Mund. Man habe hier „kräftig daneben gelangt“, die Beteiligung werde in den Büchern vollständig abgeschrieben.

Tatsächlich ist die Kinowelt-Aktie, die vor einem Jahr noch rund 60 Euro kostete, heute weniger als 1 Euro wert. Noch versucht Michael Kölmel, der seit dem plötzlichen Abgang von Finanzvorstand Eduard Unzeitig Anfang August auch das Finanzressort leitet, seine Firma zu retten. Gemeinsam mit seinem Bruder Rainer ist er an so gut wie jeden potenziellen Partner im Filmhandel herangetreten. Insbesondere die Großen, allen voran die Kirch-Gruppe, haben jedoch abgewinkt. Mit ihnen hat es sich Kölmel durch sein aggressives Verhalten verscherzt, indem er Kirch und RTL selbst bei den Mega-Deals mit Hollywood Konkurrenz machte. Nun folgt die schmerzhafte Rechnung.

Quelle: Financial Times Deutschland

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