Marktführer Münchener Rück meldet deutlich verbesserte Situation – Schlechte Börsenverfassung hilft. Von Herbert Fromme, München
Das Timing ist fast perfekt: Wegen der schwachen Verfassung der Börsen kann die Münchener Rück nicht, wie gewohnt, mit hohen Erträgen aus dem Aktienverkauf ein schlechtes operatives Ergebnis im Kerngeschäft ausgleichen. Statt 920 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2000 haben die Asset Manager in 2001 nur 207 Mio. Euro realisiert.
Aber genau zur selben Zeit verbessert sich die Marktsituation in der Rückversicherung. Außerdem wirken sich bei dem Finanzriesen zwei Sonderfaktoren aus: die Neubewertung des Anteils von jetzt 21 Prozent an der Allianz schlägt mit 550 Mio. Euro positiv zu Buche. Dazu kommen die Wohltaten der Steuerreform, vor allem die Senkung der Körperschaftssteuer, die sich mit knapp 200 Mio. Euro auswirken. Das Resultat: Während mancher Konkurrent die Waffen strecken muss und die Bühne verlässt, kann die Münchener Rück gelassen und mit hohen Gewinnerwartungen in die Konsolidierungsphase des Rückversicherungsmarktes gehen. Gemeinsam mit der Swiss Re, mit der sie Kopf an Kopf liegen, führen die Münchener den Weltmarkt an.
Rückversicherer decken die eigentlichen Versicherer – Erstversicherer genannt – gegen Katastrophen und Großschäden. Dadurch werden Risiken weltweit gestreut. Die Münchener Rück hat Autos in Deutschland, Gebäude in den USA, Arzneimittelfabriken in Frankreich, Fußballstadien in Japan und Korea oder Raketenstarts in Kourou/Französisch-Guyana in ihren Büchern.
In den letzten Jahren machte das eigentliche Rückversicherungsgeschäft den meisten Unternehmen wenig Freude. Die globale Konkurrenz war heftig. In der Branche fließt immer sehr viel Geld, das zum Teil lange bei den Unternehmen bleibt, vor allem als Schadenrückstellungen. Das reizte dazu, Geschäfte auch bei unzureichenden Preisen anzunehmen. Hohe Gewinne aus Kapitalanlagen, angeheizt durch den Börsenboom, reichten aus, um trotz der roten Zahlen im eigentlichen Rückversicherungsgeschäft akzeptable Jahresergebnisse darzustellen.
Damit ist es jetzt vorbei. „Diesen bequemen Ausweg gibt es nicht mehr“, sagte Vorstand Wolf Otto Bauer. Deshalb seien die Rückversicherer einmütig der Ansicht, dass die Preise jetzt deutlich steigen müssten. Auf einen genauen Prozentsatz wollte sich Bauer nicht festlegen. „Das hängt vom Einzelfall ab.“
Bei der Zielvorgabe für das operative Ergebnis ist Bauer präziser: Zurzeit leidet die Münchener Rück unter einer Schaden-Kostenquote von 110 Prozent, für jeden Euro Euro Prämie werden also 110 Cent für Schäden und Kosten aufgewandt. Die Gewinne aus Kapitalanlagen mindern den Verlust, aber die gehen ja gerade zurück. Deshalb will Bauer noch in diesem Jahr eine Quote von 107 bis 108 Prozent erreichen. „Im Durchschnitt muss der Wert unter 105 Prozent liegen.“
In den Vertragsverhandlungen mit den Erstversicherern für 2002, die in den nächsten Wochen beginnen, will Bauer höhere Preise und bessere Bedingungen durchsetzen. Für die Versicherungsbranche heißt das: Die zwingend benötigten Schutzdeckungen werden teurer, damit langfristig Versicherungsschutz überhaupt.
Die Münchener Rück ist krisenfester als andere, weil sie sich mit den Töchtern Ergo und Karlsruher auch im Erstversicherungsgeschäft gut etabliert hat. Für das Jahr 2001 erwartet Vorstand Jörg Schneider deshalb eine Fortsetzung der Gewinnsteigerung von zehn bis zwölf Prozent – diesmal auf 1,57 Mrd. Euro vorden Sonderfaktoren wie Allianz-Bewertung und Steuersenkung. Der Umsatz soll von 31,1 Mrd. Euro auf 34 Mrd. Euro steigen. Im ersten Halbjahr legte das Unternehmen um 12,1 Prozent auf 17,1 Mrd. Euro zu. Der Gewinn verdoppelte sich zwar von 650 Mio. Euro auf 1,3 Mrd. Euro – aber das war nur durch die Sondereffekte bedingt. Ohne Allianz-Neubewertung und Steuer ging der Überschuss leicht um 5,1 Prozent zurück. Allerdings sind Halbjahreszahlen von Rückversicherern wegen der Langfristigkeit ihres Geschäfts ohnehin wenig aussagekräftig.
Für 2002 sagte Schneider eine Gewinnexplosion voraus, weil dann der große Ringtausch mit der Allianz wirksam wird, also die Fusion Allianz-Dresdner, die Steigerung des Anteils der Münchener Rück an der HypoVereinsbank auf 25,7 Prozent und die Entflechtung bei den Töchtern.
Die Zusammenarbeit mit der HypoVereinsbank soll schon sehr bald mehr Früchte tragen, die Arbeitsgruppen zu gemeinsamen Projekten werden bis Dezember ihre Ergebnisse veröffentlichen. Dabei ist die Erstversicherungstochter Ergo eng eingebunden. Die Konzernführung allein durch die operative Rückversicherung könnte ohnehin bald der Vergangenheit angehören. „Bei den Holding-Modellen sind wir weiter gekommen. Das ist weitgehend schubladenfertig“, sagte Schneider. Eine Entscheidung soll bald fallen.
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Quelle: Financial Times Deutschland
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