Peter Köhler nimmt kein Blatt vor den Mund. Die Vermittlung der privaten Riester-Rente sei für Makler weder empfehlenswert noch kaufmännisch sinnvoll. „Die Beratung ist äußerst aufwändig und kompliziert und damit teuer“, sagte der Chef der Versicherungsmaklerfirma Thomae und Partner auf einer Konferenz des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) in Hamburg. Gleichzeitig steige die Haftung der Makler für die korrekte Beratung deutlich an. Die Vergütung für einem privaten Riester-Vertrag belaufe sich aber nur auf 30 bis 60 DM pro Jahr. Durch die Steigerung der Beiträge bis 2008 könne sie sich dann war auf 120 bis 240 DM steigen, „aber auch für diesen Betrag kann sich kaum ein Makler ernsthaft um den Kundenbemühen“.
Doch nicht nur die Makler sollten unzufrieden sein, glaubt Köhler. Auch dem größten Teil der Bevölkerung sei mit privaten Riester-Rentenprodukten nicht gedient. „Durch Riester wird es eher zu einem schlechteren Versorgungsniveau kommen als bisher“, glaubt Köhler. Sein Vergleich von Riester-Rente mit betrieblicher Direktversicherung oder Unterstützungskasse ergab, dass sich Riester nur für Familien oder Alleinerziehende mit Kindern lohnt – und auch dann nur, wenn das Jahreseinkommen sehr niedrig ist. „In allen anderen Fällen sind betriebliche Lösungen vorzuziehen“, sagt der Makler. „Für die Besserverdienenden ist die Riester-Rente indiskutabel.“
Riester-Produkte seien ohnehin fünf bis zehn Prozent schlechter in ihren Leistungen als die bisherigen Einzel-Rentenversicherungen, die von der Assekuranz angeboten werden. Das könne daran liegen, dass die Versicherer jetzt mit neueren Statistiken über die längere Lebenserwartung rechneten, den so genannten Sterbetafeln. Die Differenz stamme aber viel wahrscheinlicher aus den höheren Kosten der Riester-Rente. Eine betriebliche Lösung sei, als Gruppenvertrag, dann noch einmal sechs bis acht Prozent besser als Einzel-Rentenversicherungen. Das ergebe insgesamt einen Renditevorteil von zehn bis 18 Prozent für betriebliche Lösungen gegenüber privaten Riester-Policen, glaubt Köhler.
Auch die Versicherungsbranche sei inzwischen ernüchtert. „Die Euphorie der Produktanbieter mit Ausnahme einiger weniger Versicherer ist zwischenzeitlich deutlich abgekühlt, da die Anfangsinvestitionen in das Geschäft mit der Riester-Rente gewaltig sind.“ Die Allianz gehe davon aus, erst in 15 Jahren Geld damit zu verdienen, andere Unternehmen von bis zu 20 Jahren ohne Gewinn. Selbst diese Kalkulation gehe aber nur auf, wenn die erwarteten Verkaufszahlen zustande kommen und die Vertragskündigungen nicht stark zunehmen. Aber genau das fürchtet Köhler – die Stornoquote (pro Jahr gekündigte Verträge als Anteil aller bestehenden Verträge) werde bei Riester „deutlich über zehn Prozent“ liegen und damit doppelt so hoch wie bei normalen Lebensversicherungen, wo sie im Durchschnitt rund fünf Prozent beträgt. Der Grund: Der Kunde bekommt jedes Jahr vom Anbieter den Stand seines Riester-Kontos schriftlich mitgeteilt. „Da werden dann Kostenquoten von 10 bis 20 Prozent der Beiträge gezeigt.“ Dies erhöht die Wechselfreudigkeit, glaubt Köhler – schließlich könne der Kunde mit geringen Kosten wechseln. Dazu komme, dass Riester-Policen sehr wahrscheinlich das traditionelle Geschäft ersetzen.
Dass die großen Versicherer trotzdem begierig auf das Riester-Geschäft sind, erklärt sich Köhler so: „Die Versicherer hoffen, dass es sich bei der jetzigen Reform nur um einen ersten Schritt handelt und die Beiträge für die private Altersvorsorge noch stark steigen werden.“ Davon werde dann derjenige profitieren, der heute schon Marktanteile hat.
Trotzdem kann die Rentenreform viel Geschäft für Makler bedeuten, wenn sie sich wie Köhler mit derbetrieblichen Altersvorsorge auskennen. Insgesamt werde die betriebliche Altersversorgung rund 50 Prozent des Riester-Kuchens ausmachen, erwartet er. Allerdings gebe es in der betrieblichen Altersvorsorge noch zahlreiche ungeklärte Details und Probleme, ein Kernproblem sei sicherlich der Tarifvorbehalt. Da stellten sich zahlreiche Fragen, zum Beispiel nach der Wirkung von Austritten oder Neueintritten bei Arbeitgeberverband oder Gewerkschaft.
Der Beratungsbedarf ist groß. „Ich habe in den nächsten drei Monaten praktisch jeden Tag eine Präsentation bei einem Kunden.“ Viele kleine und mittlere Unternehmen machten sich Gedanken, wie sie den Anspruch ihrer Mitarbeiter auf einebetriebliche Altersversorgung ab dem 1. Januar 2002 gerecht werden können. „Ich würde jedem Unternehmer, auch bei Kleinbetrieben,raten, jetzt schon Strukturen dareinzubringen, zum Beispiel einen Gruppenvertrag zu finden und Mitarbeitern die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen.“ Dabei spreche viel für eine Direktversicherung, weil sie geringe Kosten verursache und für die Mitarbeiter flexibler sei.
Quelle: Financial Times Deutschland
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