Münchener Rück und Swiss Re, die größten Rückversicherer der Welt, mussten gestern ihre Schadenschätzungen für die Katastrophe in New York und Washington drastisch erhöhen. Trotzdem sind die beiden in ihrer wirtschaftlichen Substanz nicht bedroht. Auch der US-Konzern Berkshire Hathaway, zu dem die General Cologne Re gehört, wird die gestern angekündigten 2,2 Mrd.$ verdauen. Für schwächer kapitalisierte Unternehmen und Teile des Londoner Versicherungsmarktes Lloyd’s sieht dies anders aus.
Die Münchener Rück geht jetzt von einer möglichen Belastung von 2,1 Mrd. Euro vor Steuern aus; bisher war von einer Mrd. Euro die Rede. Swiss Re erhöhte ihre Schätzung von 800 Mio. Euro auf 1,35 Mrd. Euro, allerdings nach Steuern. Seit der ersten Stellungnahme stürzten weitere Gebäude in der Nähe des World Trade Centers ein oder wurden beschädigt, erklärten die Unternehmen zur Begründung.
Beide Aktien verloren gestern deutlich, Münchener Rück um 7,3 Prozent auf 238,10 Euro, Swiss Re um 6,6 Prozent auf 134 Schweizer Franken. Auch andere Versicherungswerte waren betroffen – die Aktien der Zurich Financial, die bei ihrer Vorhersage von unter 400 Mio. $ vor Steuern blieb, fielen um 11,8 Prozent auf 272 Franken; die Allianz erlitt einen Rückgang von 6,8 Prozent auf 218 Euro.
Die Münchener Rück versuchte, die Märkte mit einer Bestätigung ihrer Dividendenprognose zu beruhigen. Er gehe davon aus, auch 2001 eine Dividende von 1,25 Euro auszuschütten, erklärte Vor-standschef Hans-Jürgen Schinz-ler. Die Gesellschaft wies auch auf ihre Kapitalanlagen in Höhe von 165 Mrd. Euro hin, die im ersten Halbjahr laufende Erträge von 5,5 Mrd. Euro einbrachten.
Das Jahresergebnis 2001 werde durch die Schäden zwar bilanziell schwer belastet. Allerdings bedeute das nicht, dass die entsprechenden Summen noch in diesem Jahr abfließen, so ein Sprecher. „Angesichts der Komplexität des Schadensereignisses kann die Abwicklung lange Zeit in Anspruch nehmen“, sagte Schinzler. Die Münchener Rück glaubt, dass die Aussichten auf deutliche Preisanhebungen noch besser sind als vor der Katastrophe.
Auch die Swiss Re versuchte, Investoren zu trösten. Die Schadenssumme von zwei Mrd. Schweizer Franken betrage zwar zwei Drittel des Jahresgewinns 2000. Aber die Gruppe verfüge über Schwankungsrückstellungen von 2,5 Mrd. Franken zum Ausgleich von Großschäden. Bisher sei nicht entschieden, inwieweit diese Rückstellungen eingesetzt werden. Allein der Gebäudeschaden aus den Twin Towers trifft die Swiss Re mit netto 750 Mio. Franken, dazu kommen Betriebsunterbrechungs-, Luftfahrt-und Lebensrückdeckungen.
Während es weiterhin keine verlässliche Schätzung des Gesamtschadens gibt – die genannten Summen reichen von 25 Mrd. $ bis mehr als 70 Mrd. $ – warnte die Ratingagentur Standard & Poor’s vor weitreichenden Konsequenzen. Für die Ratings vieler Versicherer und Rückversicherer werde der Schaden negative Folgen haben. Auch wenn viele Unternehmen flexibel und finanzstark genug seien, die Schäden zu verdauen, gebe es eine „bedeutende Anzahl“ von weniger gut positionierten Versicherern.
In London machen sich immer mehr Versicherer, die am Lloyd’s-Markt tätig sind, Sorgen wegen der US-Ereignisse. London ist vor allem durch Luftfahrt-Haftpflichtdeckungen betroffen. Erstmals müssen Versicherer für vier Passagiermaschinen gleichzeitig die volle Haftungssumme stellen. Sie beträgt insgesamt sechs bis sieben Mrd. $. Lloyd’s ist das Zentrum des Weltmarktes für Luftfahrtversicherung, auf dem im vergangenen Jahr lediglich 1,3 Mrd. $ Haftpflichtprämien eingenommen wurden.
Ein Beispiel für die vorherrschende Nervosität bietet der australische Versicherer QBE Insurance – ein bedeutender Marktteilnehmer bei Lloyd’s, vor allem im Luftfahrtgeschäft. Die QBE-Aktie fiel um 41 Prozent auf 3,35 Australische Dollar, bevor der Handel mit dem Papier bis Montag ausgesetzt wurde.
Quelle: Financial Times Deutschland
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