Gigantische Umverteilung

„Insgesamt fehlt den Bürgern das Vertrauen“

FTD-Serie zum Umbau des Rentensystems (Teil 23)

Den Verkäufern von Riester-Produkten stehen die Haare zu Berge, wenn sie einem von zwei gefürchteten Verbrauchertypen begegnen. Der Unentschlossene hat nicht die geringste Lust, sich über seine Altersvorsorge Gedanken zu machen. Wenn er überhaupt ein Vorsorge Produkt hat, dann höchstens eine Kapital-Lebensversicherung, die ihm jemand in seiner Jugend aufgeschwatzt hat. Der andere Verkäuferschreck ist der Gewinnsucher. Er spekuliert mit Wonne. Riester-Produkte findet er uninteressant, denn die werfen zu wenig Gewinn ab.

Bis zu 25 Prozent der Bevölkerung denken so und sind damit Riester-resistent. Das ergab eine repräsentative Studie des Kölner Marktforschungsunternehmens psychonomics. Die Ökonomen und Psychologen haben untersucht, wie es Verbraucher mit der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge halten wollen.

Die überwiegende Mehrzahl der Verbraucher sind typische „Absicherer“ oder „Neugierige“. Sie sind der Riester-Rente gegenüber aufgeschlossen. Doch das Geschäft für die Finanzdienstleister ist vielleicht weniger fett, als sie angesichts dieser Werte glauben könnten. Zwar wollen 62 Prozent der Befragten in die Riester-Rente investieren. Aber sie werden nicht mehr Geld anlegen. „Die Verbraucher werden dabei kaum ihre Sparneigung erhöhen, sondern das vorhandene Sparvolumen umschichten.“ Viele Kunden wollen etwa von der klassischen Kapital-Lebensversicherung auf die private Rentenversicherung umsatteln.

„Wenn die Kapital-Lebensversicherung gefördert würde, wäre sie die Nummer eins der Riester-Wunschliste“, heißt es in der Studie. „Ist den Bürgern erst einmal klar, dass die klassische Lebensversicherung aus der Förderung herausfällt, steht die Rentenversicherung unangefochten und mit Abstand an der Spitze.“

Fast jeder zweite Riester-Willige hat bereits eine Kapital-Lebens-oder private Rentenversicherung. Die meisten von ihnen würden die staatlich geförderte Altersvorsorge am liebsten über die Umwandlung oder Beitragsfreistellung dieser Verträge finanzieren – auch wenn das finanziell allein schon wegen der Steuerwirkung fast immer ungünstig ist. „Diese Variante ist psychologisch gesehen die verträglichste, da sie für die Verbraucher am meisten Kontinuität bedeutet und somit am wenigsten Verärgerung über den Staat und das marode Rentensystem hervorruft“, konstatieren die Marktforscher.

Mit Heerscharen von Neukunden können die Finanzdienstleister beim Riester-Geschäft nicht rechnen. Die Bürger setzten bei der privaten Rente auf Treue. 63 Prozent der Befragten wollen nur bei einem Unternehmen einen Riester-Vertrag abschließen, bei dem sie schon Kunde sind. Besonders großes Vertrauen bei den Verbrauchern genießen Versicherer und Banken. Die meisten Befragten würde am ehesten bei einer Versicherung eine Riester-Police abschließen, knapp die Hälfte zieht eine Bank in Erwägung. Gerade mal ein Zehntel interessiert sich für Riester-Produkte von Fondsanbietern oder unabhängigen Finanzberatern. Nur Bausparkassen haben einen noch schlechteren Stand: Bei ihnen wollen nur fünf Prozent abschließen. Das Modell ist unpopulär, sobald die Befragten verstehen, dass sie sich zum Bauen ihr eigenes Geld „leihen“.

Auf Begeisterung stößt die Riester-Rente bei den Verbrauchern nicht. Viele Befragte äußerten Ärger über die Reform. Sie halten den Einstieg in die private Altersvorsorge für sozial ungerecht und bezweifeln, dass der Staat die Zuschuss-Zusagen langfristig einhält. „Insgesamt fehlt den Bürgern das Vertrauen in die staatlichen Garantien“, stellten die Meinungsforscher fest.

Quelle: Financial Times Deutschland

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