„Die Flexibilität, über Preise zu reden, war noch nie so gering“Willi Suter, Winterthur
Im Industrieversicherungsmarkt werden die Zeiten härter: Der Terroranschlag in den USA hat den ohnehin schon eingesetzten Trend zu höheren Preisen und schärferen Bedingungen noch deutlich verstärkt. „Alle bereiten sich auf einen heißen Herbst vor“, sagte Willi Suter, Chef der Industrieversicherung XL Winterthur International, auf dem Symposium des Deutschen Versicherungsschutzverbandes (DVS).
Die Industrieversicherung leidet seit Jahren unter hohen technischen Verlusten, das heißt, die Unternehmen geben mehr für Schäden und Kosten aus, als sie an Prämien einnehmen.
„Jeder hat in diesem Markt Geld verloren“, charakterisierte Suter die Situation. Seit 1999 seien die Prämien zwar wieder gestiegen, sie lägen aber immer noch deutlich unter denen von Anfang der 90er Jahre. „Das Prämienniveau, das wir heute haben, reicht einfach nicht“, sagte Suter. Schon vor dem Anschlag habe sich bei den Industrieversicherern eine Prämienerhöhung von durchschnittlich 25 Prozent abgezeichnet, jetzt würden sie noch stärker, erwartet Suter.
Er ist überzeugt, dass die Industrieunternehmen die Probleme der Versicherer zu lange ignoriert oder nicht ernst genommen haben. „Entweder wir beginnen, das Problem gemeinsam zu lösen, oder Sie haben bald keine Versicherer mehr“, sagte Suter an die Adresse der industriellen Versicherungskunden, die im DVS zusammengeschlossen sind.
Bis zum Anschlag in New York hätten die Kunden davon profitiert, dass es weltweit genug Versicherungskapazität gab. Das sei jetzt nicht mehr der Fall. Es zeichne sich bereits ab, dass große Unternehmen der Chemie-und Pharmabranche Schwierigkeiten haben werden, Deckungen zu finden.
„Wir spüren höhere Preise und eine Verschlechterung der Bedingungen“, bestätigte Dr. Stefan Sigulla, Leiter des Bereichs Versicherungen bei der Siemens AG, die Einschätzung Suters. Ihm seien je nach Risiko Preissteigerungen zwischen zehn und 300 Prozent bekannt. Außerdem gebe es bereits große deutsche Versicherer, die nach dem Anschlag sämtliche Angebote an Industriekunden zurückgezogen haben. Sigulla erwartet, dass sich Industrieunternehmen in Zukunft Versicherungsdeckungen hauptsächlich für den Schutz gegen Katastrophen kaufen werden, nicht mehr für normale Schäden.
Nach Überzeugung von Günter Schlicht, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DVS, darf die Verhärtung des Industrieversicherungsmarktes nicht dazu führen, dass einzelne Bereiche nicht mehr versichert werden. „Wenn wir plötzlich eine Fülle von unversicherbaren Risiken haben, müssen wir uns fragen, was die Versicherungswirtschaft für die Industrie überhaupt noch leisten kann“, sagte er.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo