Frisches Geld – nicht immer willkommen

Von Herbert Fromme, Köln Am 28. September, siebzehn Tage nach der Katastrophe, hielt der weltgrößte Versicherungsmakler Marsh & McLennan in New York einen Gedenkgottesdienst ab. In den Türmen des World Trade Centers waren bei den Terrorattentaten 292 Mitarbeiter umgekommen.

Am selben Tag gab das Unternehmen die Gründung eines neuen Erst-und Rückversicherers bekannt. Trauer und Geschäftstüchtigkeit liegen offenbar dicht nebeneinander. Das neue Unternehmen Axis Specialty mit Sitz auf den Bermudas wurde mit 1,6 Mrd. $ Kapital ausgestattet, das zum größten Teil von institutionellen Anlegern außerhalb der Marsh-Gruppe kommt. Axis ist bereits aktiv, genau wie Allied World Assurance Holdings. Das mit 1,5 Mrd. $ kapitalisierte Unternehmen wurde vom US-Marktführer AIG, von der Chubb-Versicherung und der Investmentbank Goldman Sachs initiiert. Auch Aon, Nummer zwei unter den globalen Versicherungsmaklern, hat eine neue Bermuda-Gesellschaft mit 1,2 Mrd. $ und dem schönen Namen Endurance (Ausdauer) gegründet.

Nach Schätzungen der Analysten von Morgan Stanley und von Standard & Poor’s sind zwischen dem 11. September und Ende November mindestens 24 Mrd. $ frisches Kapital in die Rückversicherungsbranche geflossen oder zugesagt worden. Dabei zählen die Experten allerdings auch den Börsengang der Converium – früher Zurich Re – mit, die auch schon vorher auf dem Markt war. Im Dezember sind weitere Neugründungen hinzugekommen. Eine echte Kapitalzufuhr von mehr als 20 Mrd. $ als Folge des härteren Marktes ist allemal realistisch. Dabei sind Maßnahmen wie die Überweisung von 1 Mrd. $ durch die Münchener Rück an ihre hart getroffene Tochter American Re nicht eingerechnet, obwohl auch die Summe mit der Begründung eingeschossen wurde, nun könne die Tochter den Markt besser nutzen.

Über den Geldsegen sind nicht alle froh. Investmentguru Warren Buffett, zu dessen Imperium die Rückversicherungsgruppe General Cologne Re gehört, warnt deutlich: „Eine Welle von Kapital fließt in die Versicherungsbranche, oft von Leuten ohne Fachkenntnisse. Die Investmentbanker und Vertriebe für solche Anlagen wissen nicht, welche Unternehmen erfolgreich sein werden, aber sie wissen ganz genau, wie sie solche Modelle an den Mann bringen“, kritisierte Buffett in einem Aktionärsbrief. Seine Befürchtung: Das neu eingeworbene Kapital muss um jeden Preis eingesetzt werden, die heiligen Versprechen, nur Geschäft zu gewinnbringenden Preisen zu zeichnen, könnten bald vergessen sein. „Die Marktverhärtung wird ziemlich sicher schon nach einem Jahr enden“, unkt Buffett. Deshalb sei diszipliniertes Verhalten auch in der neuen Marktsituation entscheidend.

Weniger pessimistisch ist Stefan Heyd, Vorstand beim Weltmarktführer Münchener Rück. „Per saldo sinkt die Kapazität auf den Rückversicherungsmärkten trotz der neuen Unternehmen“, argumentiert Heyd. Deshalb werde der Preisanstieg anhalten. Ohnehin suchten die Kunden Qualität. Auch Converium-Vorstand Frank Schaar hat die Bermuda-Konkurrenz in der Verhandlungsrunde Ende 2001 „kaum gespürt“.

Quelle: Financial Times Deutschland

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