Von Herbert Fromme, Köln Beim Verkauf von Versicherungspolicen machen die Banken oft ein schlechtes Geschäft, weil die Verträge mit den Versicherern zu ihrem Nachteil sind. Allerdings hat auch die Assekuranz nicht viel von solchen ungleichgewichtigen Abkommen: Das Potenzial des Bankvertriebs wird aus diesem Grund nicht voll genutzt, glaubt das Wiesbadener Beratungsunternehmen Versicherungs-Betriebswirtschaft Jacob & Co.
„In der Regel teilen Versicherer und Bank den Gewinn, der aus den vermittelten Verträgen erzielt wird“, sagte Herbert Frey, Versicherungsexperte bei dem Beratungsunternehmen. Dabei sind die Banker auf die Abrechnungen der Versicherer angewiesen, die das eigentliche Versicherungsgeschäft betreiben. So seien die Angaben über Reserven und Deckungsrückstellungen des Versicherers „von der Bank oft nicht nachvollziehbar“, sagte Frey.
Auch die Berechnungsbasis für die Verzinsung der Reserven oder Deckungsrückstellungen sei nicht klar festgelegt. „Da werden Zinsen nur auf die Rückstellungen gezahlt, die am Anfang des Berechnungsjahres vorhanden waren, nicht auf den mittleren Bestand.“ Die Verzinsung der im Berichtsjahr frisch hinzugefügten Rückstellungen streicht so der Versicherer alleine ein. „Eine einfache Überprüfung und Korrektur dieser Faktoren erbringt leicht 2 Mio. Euro oder mehr pro Jahr für eine Bank“, sagte Frey.
Bankvertrieb wieder aktuell
Obwohl der Versicherungsvertrieb durch Banken in den letzten Jahren wieder sehr aktuell wurde – unter anderem wegen der Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz und der Kooperation von Münchener Rück/Ergo und HypoVereinsbank – sind viele Kooperationsverträge schon vor Jahrzehnten geschlossen worden und blieben seitdem unangetastet. „Mit der Liberalisierung auch des deutschen Marktes Anfang 1995 hat sich die Lage aber verändert“, sagte Frey. Dazu gehört etwa die Möglichkeit ausländischer Versicherer, mit deutschen Banken und Sparkassen Kooperationsverträge zu schließen. Die alten Vereinbarungen entsprechen nicht mehr den heutigen Marktverhältnissen, glauben die Wiesbadener Berater.
„Die Banken bemühen sich, Versicherungsverträge zu vermitteln. Ihre dafür eingesetzten Aufwendungen stehen oft aber in keinem Verhältnis zu den erwirtschafteten Erträgen“, sagte Frey. Es bestehe für Banken und Versicherer ein gewaltiges Optimierungspotenzial. „Die Versicherer schaffen zu wenig Anreize bei den Banken für den Verkauf von Policen.“
Deshalb seien die Möglichkeiten des Bankvertriebs von der Assekuranz gerade in Deutschland bei weitem nicht ausgeschöpft. „Neue Rahmenverträge und organisatorische Maßnahmen, vor allem die Einrichtung eines Versicherungs-Callcenters für die Bankkunden, können rasch zu weitreichenden Verbesserungen führen“, berichtete Frey aus seinen Erfahrungen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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