Carsten Maschmeyer immer noch an Bonnfinanz interessiert · Bereinigtes operatives Ergebnis 2001 niedriger
Von Herbert Fromme, Hannover Carsten Maschmeyer hat ein Problem: Der Vorstandschef und Mehrheitseigner des Finanzvertriebs Allgemeiner Wirtschaftsdienst (AWD) in Hannover sitzt auf zu viel Geld. Beim Börsengang im Oktober 2000 vertrauten Anleger dem Unternehmen 536 Mio. Euro an. Aber bisher konnte Maschmeyer nur einen kleinen Teil davon in lukrativen Zukäufen anlegen – zuletzt im November 2001, als er den britischen Vertrieb Thomson’s Financial Planning Consultants in Manchester für 51 Mio. Euro übernahm. Immer noch hält das Unternehmen liquide Mittel von mehr als 500 Mio. Euro, die „konservativ und völlig risikolos angelegt sind“, so Finanzchef Ralf Brammer.
Dafür hätten die Aktionäre keine AWD-Aktien zeichnen müssen. Bisher habe es jedoch nur wenige solide Übernahmegelegenheiten gegeben, argumentiert Maschmeyer. „Wir wollten kein Geld verbrennen.“ Viele Unternehmen seien einfach zu teuer gewesen. Schließlich habe der AWD in den vergangenen drei Jahren sechs (kleinere) Organisationen übernommen und erfolgreich integriert.
Aber Maschmeyer ist sich bewusst, dass er nicht mehr lange komfortabel auf dem Geldsack sitzen wird – damit könnte er seine ehrgeizigen Wachstums-und Gewinnziele und die Hoffnungen der Anleger kaum erfüllen. Wenn bis Ende 2003 keine passende Übernahme gelungen sei, werde AWD das Geld den Aktionären zurückgeben, versprach Maschmeyer. Dies könne in Form einer Sonderdividende oder eines Aktienrückkaufprogramms geschehen.
„Dazu wird es aber nicht kommen“, fügte er hinzu. Zurzeit verhandelt Maschmeyer mit mindestens zwei britischen Vertriebsorganisationen über eine Übernahme. In Deutschland ist er weiter auf der Suche, zum Kauf kleinerer Finanzvertriebe hat er aber keine Lust. Dagegen scheint der AWD-Chef das Interesse an der Bonnfinanz nicht verloren zu haben, obwohl dieser Vertrieb gerade zusammen mit dem Deutschen Herold von der Deutschen Bank an die Zurich Financial Services (ZFS) verkauft wurde.
Die Zinsen von 26 Mio. Euro aus dem hohen Cash-Bestand, verglichen mit 10,5 Mio. Euro in 2000, kamen Finanzchef Brammer allerdings sehr recht, um den versprochenen AWD-Gewinn von mehr als 50 Mio. Euro für 2001 abzuliefern.
Die Zahlen der Gruppe sind also erneut von Sonderfaktoren gekennzeichnet. In 2000 war das Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit wegen der Kosten des Börsengangs und anderer einmaliger Aufwendungen mit 13 Mio. Euro sehr niedrig. Bereinigt um diese Posten betrug es 40 Mio. Euro. 2001 erzielte der AWD eine Steigerung um 29 Prozent auf 52 Mio. Euro. Ohne den Zinsüberschuss ging das operative Ergebnis aber um 3 Mio. Euro zurück. Brammer begründete das mit Kosten für die vollständige Umstellung auf hauptberufliche Vertreter und weitere Investitionen.
Nach Steuern verfünffachte sich der Gewinn von 7 Mio. Euro auf 37 Mio. Euro. Die Steuerquote sank von 47 auf 29 Prozent. Maschmeyer kündigte eine Dividende von 60 bis 70 Cent an, ursprünglich hatte er rund 50 Cent anvisiert.
„Im Provisionsumsatz liegen wir über MLP und Tecis zusammen“, sagte Maschmeyer. Seine 3066 freiberuflichen Vertreter, 494 mehr als im Vorjahr, erzielten 2001 einen Provisionsumsatz von 381 Mio. Euro, 11,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu trug die im letzten Quartal konsolidierte britische Gesellschaft Thomson’s schon bei. Bereinigte Wachstumszahlen – die eher bei acht Prozent liegen dürften – will Maschmeyer im April nennen.
Größtes Geschäftsfeld bleibt die Vermittlung von Lebensversicherungen. Von den Abschlussprovisionen stammten 33 Prozent aus dem Verkauf fondsgebundener Lebensversicherungen, acht Prozent aus klassischen Lebenspolicen und 16 Prozent aus Berufsunfähigkeitsabsicherungen. Immobilienfonds und ähnliche Produkte machten 16 Prozent aus, Aktienfonds waren stark rückläufig von 23 Prozent auf 14 Prozent. Sachpolicen haben einen Umsatzanteil von vier Prozent, Krankenversicherungen von sieben Prozent und Bank-sowie Bausparprodukte von zwei Prozent.
Die Riester-Rente scheint für AWD und ihre Kunden kein brennendes Thema zu sein. Nur 15 000 Verträge wurden verkauft. Aus der betrieblichen Altersvorsorge stammen fünf Prozent des Umsatzes, hier will sich der AWD künftig stärker auf kleine und mittlere Firmen, Verbände und Selbstständige konzentrieren.
Bild(er):
AWD-Chef Carsten Maschmeyer muß dringend bis Ende 2003 mehr als 500 Mio. Euro anlegen oder den Aktionären das Geld zurückgeben – Novum/Walter Schmidt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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