Chef der Zürich-Gruppe behält nur Verwaltungsratsvorsitz · Versicherungsaufsicht fragt nach
Von Herbert Fromme, Köln, und Rolf Lebert, Frankfurt Rolf Hüppi, einer der mächtigsten Schweizer Wirtschaftsführer und umstrittener Chef der Zurich Financial Services (ZFS), gibt sein Doppelmandat bei der Finanzgruppe zur Mitte des Jahres auf. Hüppi ist bislang gleichzeitig Präsident des Verwaltungsrates und Vorsitzender der Konzernleitung. Die Konzernleitungsfunktion will er bis Mitte 2002 niederlegen.
Die Zurich-Aktien reagierten bei Börseneröffnung mit einem Kurssprung über acht Prozent. Dann ebbte die Euphorie wieder ab und am späten Nachmittag drehten Zurich dann sogar ins Minus. Bei Handelsschluss notierten die Titel 0,9 Prozent schwächer bei 321 Schweizer Franken. „Das war nur der halbe Schritt. Die Unsicherheit bleibt, zumal Hüppi keinen Nachfolger als CEO präsentiert hat“, sagte ein Händler in Zürich.
Gestern wurde auch die Schweizer Versicherungsaufsicht aktiv. Das Bundesamt für Privatversicherungen (BPV) fragte bei Zurich nach Informationen zur finanziellen Situation an. „Wir wollen wissen, was hinter den vier Gewinnwarnungen steht, und was man tun kann, um die Eigenkapitalsituation zu verbessern, „sagte BPV-Sprecher Patrick Jecklin. Auch an die Rentenanstalt/Swiss Life und den zur Mobiliar-Gruppe gehörenden Lebensversicherer Providentia gingen ähnliche Anfragen. Ob diese Nachfragen Hüppis Entscheidung beeinflusst haben, blieb unklar.
Nach vier Gewinnwarnungen in fünfzehn Monaten und einer zumindest ungeschickten Informationspolitik hatten zahlreiche Investoren und Analysten den Rücktritt Hüppis verlangt. Hüppi lehnte ab und führte stattdessen ein spektakuläres Verkaufsprogramm von Töchtern und Unternehmensteilen im Gesamtwert von mehr als 5 Mrd. $ durch, um das Vertrauen der Märkte wieder zu erlangen.
Er brachte die Rückversicherungsabteilung Zurich Re unter dem Namen Converium an die Börse, verkaufte den US-Asset Manager Scudder an die Deutsche Bank und übernahm im Gegenzug von der Deutschen die Versicherungsgruppe Deutscher Herold. Außerdem gab er 21 Prozent an der Schweizer Versicherungsgruppe Baloise ab.
Hüppi will um jeden Preis den Eindruck vermeiden, er gebe dem Druck des Marktes nach. Deshalb auch die Wechselankündigung mit vier Monaten Vorlauf.
Einen Nachfolger hat der Konzern noch nicht bestimmt. Vieles deutet auf Peter Eckert hin, den bisherigen Europa-Chef. Eckert wird am 1. März ein neues Amt als Chief Operations Officer der Gruppe antreten. Er gilt als fähiger Manager mit langer Erfahrung im Unternehmen. Eher unwahrscheinlich ist, dass Hüppi seinen Nachfolger von außerhalb der Gruppe holt.
In gewisser Weise wurde der charismatische Hüppi zum Opfer seines Erfolges. Der 58-Jährige ist seit 1963 im Konzern. Seine prägenden Jahre verbrachte er im Ausland, vor allem in den USA. Als er 1987 zum stellvertretenden Chef und 1988 zum Vorsitzenden der Konzernleitung ernannt wurde, begann er, den Konzern durch zahlreiche Zukäufe, Modernisierungen und Umstrukturierungen umzukrempeln.
Höhepunkt war 1999 die Fusion mit dem Finanzdienstleistungsteil des britischen Mischkonzerns BAT Industries. Inzwischen wurde aus dem eher betulichen Schweizer Versicherer mit Schwerpunkt Europa ein global agierender Konzern mit mehr als 50 Mrd. $ Umsatz. Zuletzt hatte Zurich im Dezember angekündigt, dass der Konzern 2001 einen Nettoverlust von 200 bis 400 Mio. $ erwirtschaftete.
Zitat:
„Wir wollen wissen, was hinter den vier Gewinnwarnungen steht“ – Schweizer Versicherungsaufsicht
Bild(er):
Der Schweizer Top Manager Rolf Hüppi machte aus der Zürich-Gruppe in 15 Jahren die drittgrößte Versicherung Europas. Sie ist heute in über 60 Ländern vertreten. – Keystone/M. Limina.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo