Milliardenverlust für American Re

Von Herbert Fromme, München Der US-Markt stellt sich immer stärker als Verlustbringer für europäische Rückversicherer heraus. Die Gerling Globale Rück fuhr vor allem in den USA einen Verlust von 500 Mio. Euro ein – das Loch in der Kasse führt jetzt zum Verkauf des gesamten Gerling-Konzerns.

Ein noch höheres Defizit erlitt der Weltmarktführer Münchener Rück. Die Tochtergesellschaft American Re musste für 2001 einen Verlust nach Steuern von 982 Mio. $ oder 1,11 Mrd. Euro melden. Die Muttergesellschaft in München hat ihr Ergebnis 2001 noch nicht vorgelegt. Sicher ist, dass der Verlust aus den USA die Zahlen massiv beeinflusst.

Das Defizit ist wie bei Gerling nur zum Teil auf den Schaden aus dem World Trade Center (WTC) zurückzuführen. Risiken aus den Jahren 1997 bis 1999, die sich im Nachhinein als teurer herausstellten als ursprünglich berechnet, und hohe Belastungen aus Asbest-und Umweltschäden trugen zu dem Verlust bei.

Eigentlich hatte die Münchener Rück für 2001 auf einen Gewinn der US-Tochter gehofft. Aber selbst ohne die WTC-Katastrophe war die American Re mit 530 Mio. $ tief in den roten Zahlen, nach Verlusten von 64 Mio. $ in 2000 und 101 Mio. $ in 1999.

„Wir sind überhaupt nicht zufrieden mit dem Ergebnis“, sagte Clement Booth, Vorstandsmitglied der Münchener Rück. „Auch ohne das World Trade Center war 2001 äußerst schwierig.“ Das sei ein marktweites Phänomen: In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre seien die Versicherungs-und Rückversicherungsmärkte sehr weich gewesen, weil die Unternehmen hohe Gewinne aus den Aktienmärkten vorweisen konnten. Das Blatt habe sich inzwischen gewendet. In den Zahlen für 2001 zeige sich das aber noch nicht. „Denn in bestimmten Bereichen wie etwa Arbeiterunfallversicherung hatten unsere Kunden, die Erstversicherer, in den Jahren 1996 bis 1999 nicht immer ausreichend hohe Reserven aufgebaut.“ Wenn die Erstversicherer nachreservieren, weil sich die langfristig zu erwartende Schadenlast als höher herausstellt, müssen die Rückversicherer folgen. Dazu kommt das WTC mit einem Nettoschaden von 450 Mio. $.

Für 2002 erwartet Booth wegen der hohen Preissteigerungen in der Rückversicherung eine „sehr deutliche Ergebnisverbesserung“ für die American Re.

Die Münchener Rück hatte das Unternehmen in Wilmington, Delaware, Ende 1996 für 4 Mrd. $ übernommen. Bisher hat die Tochter im wichtigsten Rückversicherungsmarkt der Welt wenig Freude gemacht. Einige Mal musste die Mutter Geld nachschießen, zuletzt 1,15 Mrd. $ im November 2001.

Vor vier Monaten zog Konzernchef Hans-Jürgen Schinzler Konsequenzen. Ed Noonan, der seit 1997 die American Re führte, verließ das Unternehmen. Sein Nachfolger wurde John Phelan, der die Münchener-Rück-Tochter in Kanada geleitet hat. Phelan wurde auch in den Konzernvorstand berufen.

Auch Mahmoud Abdallah, Chef der internationalen Abteilung, verließ das Unternehmen – parallel zur Ankündigung, dass die American Re das Geschäft außerhalb der USA mit einem Umsatz von mehr als 550 Mio. $ fast vollständig aufgibt. Die Münchener Rück bemüht sich um viele dieser Verträge. „In Japan und Korea haben wir das jetzt erfolgreich hinter uns gebracht“, sagte American-Re-Vorstand Wolfgang Engshuber. Es sei kaum Geschäft verloren gegangen.

Neben dem direkten Einschuss von Bargeld hilft die Mutter auch auf andere Weise. So übernahmen die Münchner rückwirkend die Deckung für WTC-Schäden bis zu 1 Mrd. $, falls die Belastung der American Re höher ausfallen sollte als die jetzt erwarteten 450 Mio. $. Dafür zahlt die American Re 100 Mio. $ an Rückversicherungsprämie, sagte Engshuber. Außerdem geht von allen Geschäften, das die American Re künftig zeichnet, ein Anteil von 15 bis 25 Prozent automatisch über den Weg der Quoten-Rückversicherung an die Mutter. Auf diese Weise ist München viel unmittelbarer am Schicksal der American Re beteiligt als bisher.

Clement Booth hält daran fest, dass die Übernahme des Unternehmens vor sechs Jahren eine richtige Entscheidung war: „Wir mussten im größten Markt der Welt deutlich stärker werden, um unsere Stellung als ein global führender Rückversicherer zu erhalten und unser internationales Portefeuille auszubauen.“

Zitat:

„Wir sind überhaupt nicht zufrieden mit dem Ergebnis“ – Clement Booth, Münchener Rück

Quelle: Financial Times Deutschland

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