Von Herbert Fromme, Köln Wenn sich das internationale Gremium zur Erarbeitung von Bilanzierungsstandards, das International Accounting Standards Board (IASB), durchsetzt, müssen Versicherer künftig den möglichen Gewinn aus einem Vertrag vollständig bei Abschluss verbuchen. „Das würde zu einer deutlichen Benachteiligung der Assekuranz gegenüber anderen Branchen führen“, befürchtet Allianz-Vorstand Helmut Perlet. Die Versicherungsverbände Japans, Deutschlands und der USA haben sich deshalb zusammengetan, um die Einführung des so genannten Fair-Value-Prinzips für Versicherungsverträge zu verhindern. In einem Protestbrief an das IASB wehren sie sich gegen Pläne, das Prinzip als Teil der neuen Regeln für Versicherer einzuführen. Sie sollen EU-weit ab 2005 gelten.
Ein Lebensversicherer würde für jeden Vertrag, auch wenn er über 20 Jahre oder länger läuft, die Gewinnerwartung über die volle Laufzeit berechnen und im Jahr des Abschlusses als Gewinn verbuchen. „Dafür müssen wir Annahmen über Zinsentwicklung, Sterblichkeit, Stornorisiko und vieles andere vornehmen und bei Änderungen in späteren Jahren entsprechende Zu-oder Abschreibungen durchführen“, sagte Perlet der FTD. „In Wirklichkeit würden da Gewinne gezeigt, die noch gar nicht verdient sind.“
Die Ergebnissituation der Versicherer werde viel volatiler. Dazu trägt auch eine zweite, von einer Arbeitsgruppe beim IASB vorgeschlagene Reform bei: Unternehmen sollen Veränderungen im Wert von Anlagen – zum Beispiel Aktien – vollständig in der Gewinn-und Verlustrechnung buchen. Dies würde zwar für alle Unternehmen gelten, trifft aber die Versicherer wegen des Volumens besonders hart. Perlet tritt dagegen dafür ein, dass entsprechende Daten über die Kapitalanlagen zwar in die Bilanz und in den Anhang zum Jahresabschluss, aber nicht direkt in die Berechnung des Gewinns oder Verlustes eingehen. Das entspräche dem heute schon praktizierten Vorgehen nach dem US-Standard US-Gaap.
„Wir wehren uns gegen die Ungleichbehandlung“, sagte Perlet. „Bisher ist es nicht vorgesehen, dass beispielsweise Unternehmen der Automobilbranche den erwarteten Gewinn aus noch nicht produzierten Fahrzeugen bereits beim Abschluss des Kaufvertrages vereinnahmen.“
Ebenso werde kein Industrieunternehmen aufgefordert, den Ertrag aus einem gerade erhaltenen Auftrag sofort gewinnwirksam zu schätzen. Perlet sieht das als grobe Benachteiligung. „Wir konkurrieren schließlich um dasselbe Kapital.“
Zitat:
„Da würden Gewinne gezeigt, die noch nicht verdient sind“ – Allianz-Vorstand Perlet.
Quelle: Financial Times Deutschland
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