Von Herbert Fromme und Katrin Berkenkopf, Hamburg Stürmische Zeiten für die Weltschifffahrt erwartet die Hamburgische Landesbank (HLB), globaler Marktführer im Geschäft mit der Schiffsfinanzierung. Aber die öffentlich-rechtliche Bank, die zu 50,5 Prozent der Stadt Hamburg und zu 49,5 Prozent der Landesbank Kiel gehört, sieht sich gut aufgestellt, um ihre Position in dem komplizierten Geschäft weiter auszubauen.
Schiffe werden traditionell in zwei Teilen finanziert. Den Eigenkapitalanteil von 30 bis 50 Prozent bringt der Reeder auf. In Deutschland kommt dieses Geld oft von Privatanlegern, die Steuervorteile nutzen. Die Hauptfinanzierung von 50 bis 70 Prozent übernimmt eine Bank gegen eine Schiffshypothek. In diesem Geschäft ist die HLB zu Hause.
Die gegenwärtige Krise der Containerschifffahrt werde an der HLB nicht spurlos vorübergehen, sagte Vorstandsmitglied Ulf Gänger in einem Interview mit der FTD. „Wir hatten vergangenes Jahr kaum Stundungen, das wird dieses Jahr sicher mehr sein.“ Sorgen über nennenswerte Ausfälle macht er sich dennoch nicht. „Wir haben den Anteil der Containerschiffe an unserem Portefeuille von 44 Prozent auf 39 Prozent reduziert. Außerdem haben viele Reeder in früheren Jahren schon Sondertilgungen geleistet, sodass es ein Polster gibt.“ Die Bank habe sich ohnehin auf solche Schiffe konzentriert, für die ihre Besitzer eine langfristige Charter – also einen Mietvertrag – mit einer renommierten Linienreederei wie Hapag-Lloyd oder Maersk vorweisen können.
Die optimistischen Prognosen vieler Reeder, die schon 2003 ein Ende der Krise und kräftiges Wachstum erwarten, will Gänger aber nicht teilen. „So einfach ist das nicht. Wir haben deutlich mehr neue Schiffe, die auf den Markt zulaufen, als der Markt unmittelbar braucht.“
Große Sorgen macht er sich über den „unkontrollierten Aufbau“ riesiger Werft-Kapazitäten in Asien. „Das wird zu einem scharfen Kapazitätsdruck führen. Und es steht zu befürchten, dass manche dieser Betriebe staatlich subventioniert werden.“ Das werde manche Schiffstypen so billig machen, dass Reeder aus opportunistischen Gründen bestellen, auch wenn es keinen Markt dafür gibt.
Die HLB bereitet die Fusion mit der Landesbank Kiel zum 1. Januar 2003 vor. Zusammen kommen die Institute dann auf rund 15,5 Mrd. Euro Schiffsfinanzierungsgeschäft. „Damit haben wir noch bessere Möglichkeiten, auch größere Projekte führend oder alleine durchzuführen“, sagte Michael Encke, Chef der Fachabteilung. Rund 50 Prozent des Geschäfts stammen von ausländischen Reedern. „Wir wollen in Asien weiter wachsen, auch wenn der Markt dort schwierig ist“, sagte Gänger. Große Hoffnungen setzt er auf Nordamerika – die HLB plant gerade die Eröffnung eines neuen Büros in New York. „Da sind die Margen zurzeit auch besser als in Asien.“ Die Reeder zahlen eine Zinsmarge über dem kurzfristigen Geldmarktzins Libor (London Interbank Offered Rate). Die Marge fängt bei einem Prozent an und geht, je nach Risiko, bis über zwei Prozent. Die Margen werden von europäischen Schiffsbanken bisher meistens für den zwölfjährigen Zeitraum der Finanzierung festgeschrieben. „Das könnte sich ändern“, sagte Encke. „Wir denken über Margenkorridore gekoppelt an das jährliche Rating der Reeder nach“. Die Eigenkapitalanforderungen nach Basel II machten neue Modelle nötig.
Kein Verständnis hat Gänger für die Kritik der Privatbanken. Vorwürfe, die öffentlichen Banken hätten ihre Marktposition nur wegen der Staatsgarantien und der günstigeren Refinanzierung erobert, seien nicht berechtigt. „Wir treffen ja einige der Herren im Markt wieder, wo sie uns häufig unterbieten“, sagte Gänger mit Blick auf die Deutsche-Bank-Tochter SHL. In 2005 wird das gegenwärtige öffentliche System ohnehin enden. „Wir sind fest davon überzeugt, dass wir unser anspruchsvolles Renditeziel von 17 Prozent auch dann erreichen können.“
Zitat:
„Wir haben deutlich mehr neue Schiffe, als der Markt unmittelbar braucht“ – Ulf Gänger
Quelle: Financial Times Deutschland
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