Krach um Allianz-Krankenkasse

Gesundheitsministerin greift private Krankenversicherer an · Kritische Stimmen im Markt

Von Herbert Fromme und Ilse Schlingensiepen, Köln, und Peter Kuchenbuch, Hamburg Der Allianz-Konzern sorgt für Unruhe unter den privaten Krankenversicherern (PKV). Viele von ihnen fürchten, dass die Allianz mit der Öffnung ihrer Betriebskrankenkasse (BKK) im Herbst 2001 die Position der Branche im Streit über die Versicherungspflichtgrenze entscheidend geschwächt hat.

Anlass zur Sorge gibt ein aktueller Brief von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt an den PKV-Verband. Darin beschwert sie sich ausdrücklich über die Öffnung der Allianz-BKK für Betriebsfremde. Damit verschaffe sich das Unternehmen die Möglichkeit, „die BKK Allianz in das Vertriebssystem der Allianz-Versicherungsgesellschaften einzubeziehen, zu denen auch private Krankenversicherungsunternehmen gehören“. Versicherte könnten das als Versicherungsangebot aus einer Hand wahrnehmen, das anderen gesetzlichen Krankenkassen fehlt, beschwert sich die Ministerin. Bisher hätten PKV-Unternehmen deshalb ausdrücklich darauf verzichtet, die von ihnen getragenen Betriebskrankenkassen zu öffnen. Der Verband müsse auf die Versicherer einwirken, sich weiter an diese Selbstverpflichtung zu halten, fordert sie.

Private Krankenversicherer in Deutschland dürfen außer Beamten und Freiberuflern nur Kunden aufnehmen, die mindestens 3375 Euro im Monat verdienen. Alle anderen Arbeitnehmer müssen in eine gesetzliche Kasse wie AOK oder eine BKK. Ministerin Schmidt will diese so genannte Friedensgrenze – sie weist privaten und gesetzlichen Krankenversicherern ihr jeweils eigenes Terrain zu – auf 4500 Euro erhöhen. Dagegen läuft die PKV Sturm, weil ihr das den Nachwuchs abschneidet.

In dieser politischen Situation sei die geöffnete Allianz-BKK „höchst brisant“, glaubt Gernot Schlösser, Vorstandsvorsitzender der Axa Kranken. Denn die Politik könne argumentieren, dass die Versicherer es mit der Trennung der Geschäftsfelder von Privaten und Gesetzlichen nicht ernst meinen. „Das ist Wasser auf die Mühlen der Politik.“ Auch nach Ansicht von Barmenia-Chef Josef Beutelmann erschwert die BKK Allianz die Verhandlungsposition der PKV. „Wir sind über diesen Schritt nicht gerade erfreut“, sagte Beutelmann, der wie Schlösser im Hauptausschuss des PKV-Verbands sitzt.

Die Allianz bestreitet strategische Motive für die Öffnung. „Es ging einzig und allein darum, die Mitarbeiter der Dresdner Bank und deren Töchter aufzunehmen“, sagte ein Sprecher. Das sei ohne Öffnung nicht möglich gewesen. Die BKK Allianz hat 65 000 Mitglieder, betriebsfremd seien davon nur „sehr wenige“.

Schmidt könnte die Allianz ganz einfach zwingen, Farbe zu bekennen, glaubt der Direktor des PKV-Verbands, Christoph Uleer. „Sie muss eine gesetzliche Vorschrift erlassen, die der Allianz die Schließung der BKK ermöglicht“, fordert er. Zur Zeit kann eine einmal geöffnete Kasse nicht wieder geschlossen werden. „Ulla Schmidt hat jetzt den schwarzen Peter in der Hand.“ Die PKV wolle den Krankenkassen nicht auf die Füße treten, betonte Uleer. Mit der geplanten Anhebung der Friedensgrenze werde die interne Argumentation aber erschwert.

Die Allianz hat sich jedenfalls für eine Neuordnung des Krankenversicherungsmarktes gerüstet. In der PKV gehen viele Manager davon aus, dass die Allianz zwar jetzt ihre BKK nicht aktiv bewirbt, sich aber die Struktur geschaffen hat, um künftig private und gesetzliche Krankenversicherung aus einer Hand bieten zu können. Zwei Konkurrenten haben inzwischen nachgezogen: Auch bei der Gothaer und der R+V stehen die Betriebskrankenkassen seit Januar Betriebsfremden offen.

Zitat:

„Die Öffnung der BKK Allianz ist Wasser auf die Mühlen der Politik“ – Axa-Vorstand Gernot Schlösser

Quelle: Financial Times Deutschland

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