Belegschaft der Werft sieht Klaus Lederer als Finanzjongleur und nicht als Schiffbauer · Furcht vor der Zerschlagung
Bei der Kieler Werft Howaltdswerke-Deutsche Werft (HDW) ist Urlaubszeit, doch viele der 3500 Mitarbeiter können ihre freie Zeit wohl nicht richtig genießen. Zwar betrifft sie das Finanzdebakel bei der früheren Mutter Babcock Borsig nicht direkt. Trotzdem sind sie verunsichert.
Ihr Chef Klaus Lederer, der sich mit der profitablen Werft vom bankrotten Babcock-Borsig-Konzern absetzte und jetzt nur noch den Chefsessel von HDW besetzt, genießt wenig Vertrauen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ist er kein Schiffbauer, und das macht die traditionsbewussten Werftarbeiter skeptisch. Er sei nicht an den Booten interessiert, sondern nur am Geld, heißt es im Betrieb. Viel zu selten habe er sich in Kiel sehen lassen, die meisten Mitarbeiter kennen ihn nur von Zeitungsfotos. Das Unternehmen führt er über eine neue Gesellschaft, die HDW Holding mit Sitz in Düsseldorf.
Noch gut ist den HDW-Beschäftigten in Erinnerung, dass sich Lederer als Chef von Babcock Borsig nach Übernahme der Werft 1999 als Erstes die prall gefüllte Kasse des U-Boot-Bauers einverleibte, um sie dem Oberhausener Cash-Management des Konzerns zuzuführen. Zum Schluss soll Babcock nach verlässlichen Brancheninformationen bei HDW mehrere Hundert Millionen Euro Schulden gehabt haben. Der neue HDW-Mehrheitseigner One Equity Partners hat einen Teil beim Kauf mitübernommen und sucht nun nach Wegen, das Geld wieder zu bekommen. Dabei spielt Lederer, ein Freund des OEP-Chefs Richard Cashin, eine wichtige Rolle. Bei Babcock Borsig ist nichts mehr zu holen, möglicherweise muss die hoch profitable Werft selbst einen Teil aufbringen.
In der Branche ist man sich einig, dass die künftige Eignerstruktur festgeklopft ist. OEP übernimmt von Babcock Borsig die restlichen 25 Prozent an HDW und hat dann alle Aktien. Davon sollen 20 Prozent an den US-Rüstungskonzern Northrop Grumman weiterverkauft werden, je 15 Prozent an die langjährigen HDW-Partner ThyssenKrupp und Ferrostaal. OEP und Babcock Borsig bestreiten zwar, dass die Entscheidungen schon getroffen sind – in den Unternehmen nahe stehenden Kreisen wird die Endstruktur aber bestätigt. Einen Strich durch die Rechnung könnte nur der Babcock-Insolvenzverwalter machen. Wenn er einen Bieter für die 25 Prozent findet, der mehr als OEP zahlt, muss er an den verkaufen. Das ist aber eher unwahrscheinlich.
Dabei wollte Babcock Borsig, das bis März 50 Prozent plus einer Aktie an HDW besaß, die Werft eigentlich ganz kaufen. Doch dafür fehlte dem Anlagenbauer stets das Geld. Das wurde spätestens Ende letzten Jahres deutlich. Als der schwedische Saab-Konzern 25 Prozent an HDW verkaufte, fehlten Babcock Borsig die Mittel für ein Angebot. Der Saab-Anteil ging an die TUI (damals Preussag) sowie an ein Finanzinvestor. Zwar versicherte Babcock, man werde den Anteil früher oder später übernehmen. Noch Ende Januar verkündete Lederer, sich ganz auf den Schiffbau konzentrieren und Energietechnik sowie Anlagenbau verkaufen zu wollen. Keine zwei Monate später sah alles anders aus.
Die HDW-Kunden, von denen die Werft Aufträge über mehr als 6 Mrd. Euro in den Geschäftsbüchern hat, sind durch die Babcock-Pleite nicht verunsichert, sagte ein Werftensprecher. Lediglich einige kleinere Zulieferer hätten sich vergewissert, dass HDW von der Insolvenz nicht betroffen ist.
Die führende deutsche Werft ist weltweit größter Hersteller von U-Booten. Die hohen Anzahlungen für die Kriegsschiffe machen HDW reich. Im letzten Geschäftsjahr, das am 30. September 2001 zu Ende ging, verbuchte die Werft ein positives Zinsergebnis von 50,5 Mio. Euro – mehr als der gesamte Jahresgewinn vor Steuern, der 24,2 Mio. Euro betrug.
Das ist nicht ungewöhnlich, die Anlage dieser Anzahlungen gehört zum normalen Geschäft der Werft. Aber genau das machte sie für Babcock Borsig so interessant: Die Werft ist auch eine Bank. In der letzten Bilanz standen 1,08 Mrd. Euro Anzahlungen und 474 Mio. Euro Forderungen gegen verbundene Unternehmen, einschließlich Babcock Borsig. Widerstand im alten Vorstand gegen die großzügige Einbeziehung der Werft in das Konzern-Cash-Management war einer der Gründe, weshalb Lederer Ende 2000 die Top-Riege feuerte und selbst das Ruder bei der Tochter übernahm.
Bild(er):
HDW ist der größte Hersteller von U-Booten weltweit – imo.
Katrin Berkenkopf und Herbert Fromme
Quelle: Financial Times Deutschland
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