Von Herbert Fromme, München Die Schweizerische Rentenanstalt/Swiss Life steht kurz vor dem Verkauf ihrer mehr als hundert Jahre alten deutschen Niederlassung. Der traditionsreiche Versicherer muss das Geschäft in seinem nach Frankreich zweitwichtigsten Auslandsmarkt ebenso aufgeben wie andere Niederlassungen und Tochtergesellschaften. Möglicherweise braucht der Schweizer Marktführer sogar einen starken Partner, um zu überleben, spekulieren Analysten.
Zu den Interessenten für das deutsche Geschäft gehören AMB Generali, BHW und Ergo, die Erstversicherungsgruppe der Münchener Rück. Außerdem prüfen ausländische Unternehmen ein Engagement, darunter der britische Marktführer Aviva (CGNU).
Die Swiss Life leidet heftig unter der Schwäche der Kapitalmärkte und der internationalen Überexpansion in den letzten Jahren. Dazu kommt die nur schwer zu verdienende vorgeschriebene Garantieverzinsung von vier Prozent für die betriebliche Altersversorgung in der Schweiz. Der Gewinn brach von 924 Mio. Franken in 2000 auf 124 Mio. Franken 2001 ein, bei einem Umsatz von 19,98 Mrd. Franken. Das Eigenkapital der Rentenanstalt betrug Ende 2001 noch 7,7 Mrd. Franken – ein Rückgang um 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Am 28. Februar musste Konzernchef Manfred Zobl nach neun Jahren seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger Roland Chlapowski sucht seither nach Möglichkeiten, die Kapitalbasis wieder zu stärken.
Lösungen müssen schnell her. Erst gestern musste das Unternehmen erneut auf anhaltende Spekulationen über die Kapitalschwäche reagieren. Die Swiss Life könne trotz Börsenkrise ihren Verpflichtungen gegenüber den Kunden jederzeit nachkommen. Die Gesellschaft habe die Netto-Aktienquote an den Kapitalanlagen „markant gesenkt“, sie betrage nur noch 6,5 Prozent – verglichen mit 17 Prozent Ende 2001. Die Aktie, die seit ihrem Höhepunkt rund 90 Prozent an Wert verlor, ist gestern um sieben Prozent gestiegen.
Auf Druck der Branche, angeführt von der Rentenanstalt, hat die Berner Regierung vor zwei Wochen den Garantiezins von vier Prozent auf drei Prozent gesenkt. Das hilft der Swiss Life vor allem mittelfristig und in der Bilanz.
Kurzfristig sind weitere Maßnahmen nötig. Über den Verkauf der Tessiner Tochter Banca del Gottardo wird seit Wochen spekuliert. Dieser würde zwar Geld in die Kasse bringen, der Eigenkapitalausstattung aber eher schaden. Die Bank wurde Anfang 1999 für 2,4 Mrd. Franken gekauft. Sie dürfte nach Ansicht von Analysten immer noch mit zwei Mrd. Franken in den Büchern der Swiss Life stehen, der mögliche Verkaufserlös heute aber kaum über 1,5 Mrd. Franken betragen.
In Deutschland verkauft die Swiss Life dagegen keine Gesellschaft, sondern den Kundenbestand ihrer Münchener Niederlassung mit 795 Mitarbeitern. Die Prämieneinnahmen aus dem deutschen Markt betrugen 2001 1,13 Mrd. Euro, ein Plus von zwei Prozent. Rund 80 Prozent des Neugeschäfts werden von Maklern vermittelt. Das macht die Swiss Life Deutschland für viele potenzielle Käufer, die starke Vertriebswege suchen, weniger interessant. Andererseits stammen 35 Prozent des Neugeschäfts und 19 Prozent der Beitragseinnahmen aus der attraktiven betrieblichen Altersversorgung.
Experten halten einen Preis von mehr als 500 Mio. Euro, wie er angeblich von Chlapowski angestrebt wird, dennoch für „völlig unrealistisch“. „Das wird eher bei 400 bis 450 Mio. Euro liegen“, sagte ein Branchenkenner.
Zitat:
„Ein Preis von 400 bis 450 Mio. Euro erscheint realistisch“ – Ein Branchenkenner
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo