Kartellamtsaktion könnte Mitversicherung gefährden
Von Herbert Fromme, Köln Große Konzerne werden es nach der Kartellamtsaktion gegen Industrieversicherer möglicherweise viel schwerer haben, ihre schweren Risiken zu decken, weil die Versicherer nicht wissen, ob sie noch Konsortien bilden dürfen. Das befürchten Versicherer und Industrie.
Das Bundeskartellamt hatte am 24. Juli die Büros von neun Versicherungskonzernen sowie vier Töchtern oder Niederlassungen durchsucht. Betroffen waren Allianz, AMB Generali, Axa, Bayerische Versicherungsbank, Gerling, Gothaer, Provinzial Düsseldorf, Provinzial Münster, Sparkassenversicherung Wiesbaden und Victoria. Der Grund: Das Kartellamt vermutet illegale Preisabsprachen unter den Gesellschaften. Seit dem vergangenen Jahr sind die Preise scharf nach oben gegangen, dabei hatte der 11. September den ohnehin schon bestehenden Trend noch einmal beschleunigt. In der Branche gehen viele davon aus, dass ein Kunde – also ein Industriekonzern – sich beim Kartellamt beschwert hat.
Ralf Oelßner, Versicherungschef der Lufthansa und Vorsitzender des industrienahen Deutschen Versicherungs-Schutzverbandes, glaubt das nicht. „Ich kann mir das nicht vorstellen“, sagte er. „Auch wir beobachten die Diskussion mit großer Sorge.“
Die Versicherungsprogramme großer Konzerne erreichen leicht mehr als 100 Mio. Euro in Prämienvolumen und viele Milliarden an abgedecktem Risiko. Das wird bisher in der Regel von Konsortien in der Form der Mitversicherung abgedeckt: Ein führender Versicherer prüft das Risiko und setzt nach Rücksprache mit Konsortialpartnern einen Preis. Bei Großrisiken liegt der Anteil selbst der führenden Gesellschaft selten über zehn Prozent. „Die Mitversicherung ist jetzt in Gefahr“, sagte ein Versicherer. „Wir fragen uns, ob sie nicht gerade durch das Kartellamt abgeschafft wird.“
Ob die Deckung noch funktioniert, werden schon die nächsten Wochen zeigen. Unter anderem müssen zum 1. Oktober DaimlerChrysler und ThyssenKrupp ihre Deckungen erneuern. DaimlerChrysler hatte über die letzten fünf Jahre im Durchschnitt eine Schadenquote von mehr als 120 Prozent, ThyssenKrupp von mehr als 200 Prozent. Dazu kommen noch 30 Prozent Kosten. Für jeden Prämien-Euro von ThyssenKrupp mussten die Versicherer also 2,30 Euro zahlen.
Zitat:
„Auch wir beobachten die Diskussion mit großer Sorge“ – Ralf Oelßner, DVS.
Quelle: Financial Times Deutschland
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