US-Rating-Agentur warnt vor Risiken bei Asbestschäden

Von Herbert Fromme, Köln Die New Yorker Rating-Agentur Fitch wirft der US-Versicherungsbranche vor, viel zu niedrige Reserven für die noch ausstehenden Asbestschäden gebildet zu haben. Zu den betroffenen Gesellschaften gehören nach Ansicht der Fitch-Analysten auch Allianz und Münchener Rück mit ihren Töchtern Fireman’s Fund und American Re.

Die Unterreservierung werde in den kommenden 20 Jahren immer wieder zu plötzlich notwendig werdenden massiven Reservestärkungen führen, die sich negativ auf die Jahresergebnisse und Ratings auswirken. In anderen Jahren komme es zu einem „Ausbluten“ der Gesellschaften durch kontinuierliche kleinere Reservestärkungen. Insgesamt hat die Branche 14 Mrd. $ für Asbestschäden zurückgestellt – nötig wären nach Angaben der Rating-Agentur zwischen 24 und 50 Mrd. $, je nachdem, welches Szenario man für die Schadenentwicklung der nächsten Jahrzehnte annimmt.

Die Branche könne zwar mit den nötigen Reservestärkungen über 20 Jahre fertig werden, ohne dass es zu weitreichenden Problemen mit der Zahlungsfähigkeit komme, so die Fitch-Analysten. Allerdings werde die Agentur in ihren Ratings künftig die Asbest-Reserven einzelner Unternehmen deutlich stärker in die Bewertung einfließen lassen.

Asbest wurde nach 1945 bis in die 70er Jahre als feuerhemmendes Material verbaut. Asbeststaub führt zu Lungenkrebs und anderen Krankheiten mit Latenzzeiten bis zu 40 Jahren. Mehr als 80 Millionen Beschäftigte kamen mit Asbest in Berührung, Experten erwarten rund eine Million Anspruchsteller mit Forderungen wegen Gesundheitsschäden.

Der Gesamtschaden wird von Fitch auf 200 bis 275 Mrd. $ geschätzt. Davon entfallen 55 bis 70 Mrd. $ auf US-Versicherer, 30 bis 62 Mrd. $ auf ausländische Versicherer und der Rest auf Hersteller, Anwender und den Handel – mehr als 60 solcher Firmen sind als Folge von Asbest-Klagen bereits in Konkurs gegangen.

Die Versicherer haben bisher 24 Mrd. $ aus Haftpflichtdeckungen gezahlt und müssen mit mindestens weiteren 25 Mrd. $ rechnen, eher deutlich mehr. Allein 2001 wurden 1,8 Mrd. $ ausgezahlt oder für die Schadenabwicklung aufgewandt, davon zahlten Allianz/Fireman’s Fund und American Re/Münchener Rück jeweils 61 Mio. $, so die Zahlen der Rating-Agentur Fitch.

Offenbar gehe das Management der meisten US-Industrieversicherer davon aus, dass der Schadenbedarf am unteren Ende bleiben wird. Außerdem rechne man offenbar mit einer Verzinsung von sechs Prozent auf die bestehenden Reserven, diskontiere also die erwarteten Schadenzahlungen. Das sei aber angesichts der noch unbekannten Risiken aus Asbest ein gefährlicher und unter US-Bilanzregeln ohnehin nicht zulässiger Weg, so die Fitch-Analysten.

Zitat:

„Asbest-Reserven spielen eine größere Rolle bei Versicherer-Ratings“ – Fitch-Analysten.

Quelle: Financial Times Deutschland

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