Von Doris Grass, Frankfurt, und Herbert Fromme, Köln Die Bundesregierung will mit der Versicherungswirtschaft im Falle eines Wahlsiegs über eine Senkung des Garantiezinses für Lebensversicherungen verhandeln. Das sagte Finanzminister Hans Eichel gestern in Frankfurt. Bisher lehnen die Versicherer eine solche Senkung ab. In einer Rede vor dem Finanzmarktforum nannte er auch weitere Einzelheiten der geplanten „Bilanzpolizei“.
Lebensversicherer garantieren Kunden bei neuen Verträgen zurzeit eine Verzinsung von 3,25 Prozent auf den Sparanteil ihrer Versicherungsprämien und die angesammelten Zinsen. Die meisten Versicherungen zahlen einschließlich der vertraglich vereinbarten Überschussbeteiligung aber deutlich mehr, im Durchschnitt über sechs Prozent.
Erste Versicherer in Not
Wegen der niedrigen Zinsen und der Krise an den Aktienmärkten können einige Gesellschaften derzeit aber selbst die Verzinsung von 3,25 Prozent nicht mehr erwirtschaften und geraten in Bedrängnis. Ein erster Notfall, die Familienfürsorge, wurde von der Finanzaufsicht unter Kuratel gestellt, Verträge und Mitarbeiter von der HUK-Coburg-Gruppe übernommen.
Die Bundesregierung werde die Entwicklung in der Branche genau beobachten und darauf hinwirken, dass das Vertrauen in das Produkt Lebensversicherung nicht verloren gehe, sagte Eichel.
Eine Senkung des von der Regierung festgesetzten Garantiezinses entlastet die Unternehmen aber nicht sofort, sondern erst in der Zukunft bei der Verzinsung neuer Verträge. Bei bestehenden Policen stehen den Kunden für die gesamte Laufzeit mindestens die bei Abschluss garantierten Leistungen zu. Zuletzt wurde der Garantiezins zum 1. Juli 2000 von 4 auf 3,25 Prozent verringert.
Keine schnelle Entlastung
In der Branche herrscht daher Skepsis, ob eine Senkung des Garantiezinses die Problemfälle entlasten würde. „Viel besser wäre es, an anderen Stellschrauben etwas zu ändern“, sagte ein Versicherer. Ein Beispiel sei die automatische Verzinsung auch der in früheren Jahren verdienten Zinsen.
Eichel machte in seiner Rede klar, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) über eine „Bilanzpolizei“ Sonderprüfungen nicht nur bei Finanzdienstleistern, sondern auch bei anderen Unternehmen veranlassen können soll. Nach Informationen aus dem Ministerium bezieht sich dies auf alle börsennotierte Unternehmen.
Sie müssten der „Bilanzpolizei“, die nach US-Vorbild eine privatrechtliche Organisation sein wird, künftig ihre Abschlussprüfer mitteilen. Die BAFin erhielte das Recht, Prüfer abzulehnen oder andere zu verlangen.
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Quelle: Financial Times Deutschland
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