Von Herbert Fromme, Hamburg Die Zahl der Firmenpleiten wird weltweit kräftig ansteigen. Das erwarten die Experten von Euler & Hermes, Marktführer in der internationalen Kreditversicherung und Teil der Allianz-Gruppe. Allerdings verbessern sich die operativen Ergebnisse der Gruppe trotzdem in diesem Jahr. „Wir haben uns auf die Änderungen eingestellt“, sagte Vorstandschef Jean Lanier. Höhere Prämien und ein stringentes Risikomanagement zahlten sich aus.
Für Deutschland erwarte der Kreditversicherer 2003 rund 44 000 Insolvenzen, sagten die beiden Chefökonomen Philippe Chalmin und Romeo Grill. Das bedeutet einen Anstieg von 12,8 Prozent. 2002 werde die Zahl bei 39 000 liegen. Das wäre sogar ein Zuwachs von 21,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Aber die Werte sind unter anderem wegen der Insolvenzrechtsreform nicht mit 2001 vergleichbar“, so Grill.
Noch mehr Pleiten als für Deutschland erwarten die Experten nur für Frankreich – hier müssen 46 000 Firmen 2003 aufgeben, ein Anstieg um 3,4 Prozent. Für die USA prognostizieren sie 42 000 Insolvenzen, ein Plus von 6,3 Prozent, für Japan 24 000 oder 14,3 Prozent mehr.
Nur für den deutschen Markt liegen Zahlen über die Schäden durch Insolvenzen vor. 2001 kosteten die Pleiten andere Unternehmen 27 Mrd. Euro, in der ersten Hälfte des Jahres 2002 waren es schon 19,6 Mrd. Euro. Für das volle Jahr 2002 lautet die Vorhersage 40 Mrd. Euro, ein Plus von 47 Prozent, für 2003 sogar 50 Mrd. Euro.
Kreditversicherer decken Risiken ab, die bei ihren Kunden durch Insolvenzen bei deren Abnehmern entstehen. Jede Pleite kostet diese Spezialversicherer bares Geld. Deshalb beobachtet Euler & Hermes die Trends genau.
Chalmin nannte eine Reihe von Gründen für den kräftigen Anstieg der globalen Insolvenzzahlen. Der Mangel an wirtschaftlichen Impulsen komme zusammen mit dem psychologischen Schock, den der 11. September auslöste. „Die neuen Eigenkapitalanforderungen an die Banken nach Basel II haben ebenfalls einen Effekt, auch die niedrige Eigenkapitalausstattung, schlechte Zahlungsmoral und Managementfehler“, sagte Chalmin.
Die Kreditversicherer der Allianz kamen 2001 zusammen auf 2,1 Mrd. Euro Umsatz. Konsolidiert in einer Bilanz werden Euler und Hermes allerdings erst ab dem 2. Halbjahr 2002. Vorstandschef Lanier erwartet für die französische Seite für 2002 ein Ergebnis „etwas über dem Trend der Halbjahreszahlen“. Damit dürfte der Nachsteuergewinn deutlich unter den 90,4 Mio. Euro des Jahres 2001 liegen. Im ersten Halbjahr hatte das Pariser Unternehmen einen starken Gewinneinbruch hinnehmen müssen. Statt 52,4 Mio. Euro nach Steuern verdiente es nur 22,3 Mio. Euro – trotz einer Verbesserung im Kerngeschäft. Gründe waren hohe Abschreibungen auf Aktien und überraschende Verluste bei der Factoring-Tochter Eurofactor. Sie entstand aus der Fusion mit einem Unternehmen des Crédit Lyonnais und muss mit Schwierigkeiten bei der Zusammenführung der Computersysteme kämpfen.
Vorstandsmitglied Clemens Freiherr von Weichs sagte, der deutsche Arm der Gruppe habe die Preise um 10 bis 20 Prozent anheben können. Zum Jahresergebnis 2002 wollte er sich nicht äußern. Von Weichs erwartet durch die Integration von Euler und Hermes Synergieeffekte von 40 bis 50 Mio. Euro innerhalb von drei Jahren.
Zitat:
„Für Deutschland erwarten wir für 2003 rund 44 000 Insolvenzen“ – Philippe Chalmin, Chefökonom
Quelle: Financial Times Deutschland
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