Von Herbert Fromme, Köln Die öffentlich-rechtlichen Versicherer wollen ihr angeschlagenes Verbundmitglied Feuersozietät Öffentliche Leben Berlin-Brandenburg möglichst in den eigenen Reihen behalten. Für die Feuersozietät, die zum Verkauf steht, wollen in der ersten Stufe mehrere öffentliche Versicherer getrennt voneinander Angebote abgeben. Bisher gebe es mehr als zehn Interessenten, hieß es in Branchenkreisen. Dazu gehören auch einige öffentliche Versicherer.
Sollte es einem einzelnen Bieter nicht gelingen, den Zuschlag zu erhalten, könne man sich auch ein gemeinsames Vorgehen der öffentlichen Versicherer vorstellen, sagte ein Manager. Die finanzschwachen Länder Berlin und Brandenburg kontrollieren als Gewährträger die 280 Jahre alte Feuersozietät. Über die Frankfurter Privatbank Metzler bieten sie die Gruppe zum Verkauf an.
„Wir prüfen, ob ein solcher Erwerb wirtschaftlich vernünftig ist“, sagte ein Sprecher der Provinzial Nord in Kiel. Ihr Geschäftsgebiet, das Mecklenburg-Vorpommern einschließt, grenzt an das der Feuersozietät. Bei der Versicherungskammer Bayern in München hieß es: „Wir denken darüber nach.“ Möglicherweise ist auch die Provinzial Düsseldorf interessiert. Das Unternehmen war für einen Kommentar nicht zu erreichen.
Für die strikt regional arbeitenden öffentlichen Versicherer wäre es schmerzhaft, in den Bundesländern Berlin und Brandenburg nicht vertreten zu sein. Deshalb werden sie große Anstrengungen unternehmen, die Feuersozietät in ihrem Lager zu halten. Das gibt den beiden verkaufenden Länder die Chance auf einen ordentlichen Preis – der wegen des Zustands der Gruppe sonst wohl schwerlich zu erzielen wäre.
Die 13 öffentlichen Versicherungsgruppen, die 2001 zusammen auf 14,5 Mrd. Euro Prämieneinnahmen kamen, gehören zum Verbund der Sparkassen. Deren Schalter sind ein wichtiger Verkaufskanal. Die Feuersozietät kooperiert nur mit den Sparkassen in Brandenburg, in Berlin ist dieser Verkaufsweg bisher verschlossen.
Der Versicherer hat eine Reihe von Problemen, die bei den Verkaufsverhandlungen eine große Rolle spielen. Das Unternehmen betreibt ein bedeutendes aktives Rückversicherungsgeschäft, das 2001 auf Prämieneinnahmen von 79 Mio. Euro kam. Vor allem Luftfahrt-und andere schwere Risiken wurden über den Londoner Markt gedeckt. Deshalb musste die Feuersozietät netto 10 Mio. Euro für die Folgen des Terrorüberfalls vom 11. September 2001 zahlen. Sie erlitt 2001 insgesamt einen versicherungstechnischen Verlust von 36 Mio. Euro. In der Rückversicherung, die deutlich zurückgefahren werden soll, dürfte noch die eine oder andere Altlast schlummern, die mögliche Käufer interessieren wird.
Der Erstversicherungsbereich der Feuersozietät ist ebenfalls nicht problemfrei. Größtes Geschäftsfeld ist die Versicherung von Wohngebäuden – die in den Großstädten in der Regel nicht sehr lukrativ ist. „Auch das (versicherungstechnische) Ergebnis des Jahres 2002 wird deutlich negativ sein, was insbesondere auf hohe Schäden im Erstversicherungsgeschäft zurückzuführen ist“, heißt es im Verkaufsprospekt für die Versicherungsgruppe. Vor allem Sturmschäden schlagen negativ zu Buche. Dazu kommt, dass die Gruppe vor allem über Makler vertreibt und mit 152 Vertretern einen nur kleinen Außendienst hat. Maklervertriebe sind teuer.
Der Verkauf wird durch die von den Ländern gestellten politischen Bedingungen nicht erleichtert. So soll ein Investor die Eigenständigkeit der Gesellschaften erhalten, den Sitz und die beiden Hauptverwaltungen in Berlin (Feuersozietät) und Potsdam (Öffentliche Leben) beibehalten sowie so weit wie möglich bei der Partnerschaft mit den Sparkassen in Brandenburg bleiben. „Die Länder erwarten zudem, dass der Investor die übergeordneten strukturpolitischen Ziele der Länder durch Entfaltung weiterer unternehmerischer Aktivitäten in Berlin und Brandenburg unterstützt“, heißt es fordernd im Prospekt. Dazu gehöre die Sicherung der Arbeitsplätze.
Quelle: Financial Times Deutschland
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