Gerling-Konzern poliert Bilanz auf

Rückversicherer wird zur Abwicklung an früheren Manager übertragen “ Hoher Verlust für 2002

Von Herbert Fromme, Köln Der angeschlagene Gerling-Konzern hat einen Weg gefunden, seine arg strapazierte Bilanz ab 2003 aufzupolieren. Er gibt die verlustbringende Rückversicherungsgruppe, deren Hauptgeschäft sich in Abwicklung befindet, an den erfahrenen Rückversicherer Achim Kann ab. Unter seiner Obhut wird die Gerling Globale Rück ihr Schaden-und Unfallgeschäft unter neuem Namen abwickeln. Die profitable Lebens-Rückversicherung werde von Kann separat verkauft, sagte Gerling-Chef Heinrich Focke.

Damit ebnet das Gerling-Management den Weg für den Verkauf des gesamten Konzerns, den die beiden Aktionäre Rolf Gerling (65,5 Prozent) und Deutsche Bank (34,5 Prozent) auf Drängen des Frankfurter Geldhauses in die Wege geleitet haben. Dieser Verkauf wäre wesentlich schwieriger, wenn der Rückversicherer an Bord bliebe. Die Gerling-Eigner sprechen unter anderem mit dem HDI in Hannover. Allerdings seien diese Kontakte inzwischen nur noch lauwarm, hieß es in Branchenkreisen. Interessantere Verhandlungen liefen mit einer europäischen Bank, die bereits im Versicherungsgeschäft tätig sei, sowie einem einzelnen großen Industriekonzern. Die deutsche Industrie will den hoch angesehenen Industrieversicherer Gerling als Gegengewicht zur Allianz unbedingt erhalten.

Im laufenden Jahr kostet die Gerling Globale Rück den Konzern noch einmal 400 bis 450 Mio. Euro. So hoch bezifferte Konzernchef Focke den Verlust der Tochter unter anderem wegen dringend nötiger Reservestärkungen. Sie musste schon für 2001 ein Defizit von 583 Mio. Euro melden.

Der Konzernverlust wird ähnlich hoch ausfallen, denn die anderen, gut verlaufenden Konzernteile können das gewaltige Defizit der Rück-Gruppe nicht ausgleichen. „In der Erstversicherung stehen wir gut da“, sagte Focke. Allerdings mache sich dort die Schwäche der Kapitalmärkte bemerkbar. Deshalb werde der Bereich Erstversicherung – auf den sich Gerling künftig konzentrieren wird – wohl nur ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen.

Focke betonte, es handele sich um einen vollständigen Verkauf der Gerling Globale Rück. Der Preis in Höhe von 200 Mio. Euro werde Gerling allerdings dem Käufer verzinslich stunden. Er ist erst dann fällig, wenn Kann Gewinne aus der Abwicklung erzielt. Sollten diese Gewinne 200 Mio. Euro übersteigen, erhält Gerling von den folgenden 150 Mio. Euro die Hälfte, liegt der Gewinn sogar über 350 Mio. Euro, gehen 25 Prozent an den Verkäufer, der Rest bleibt bei Kann.

Das Geschäft hat für beide Seiten Vorteile: Gerling muss den sperrigen Rückversicherer nicht mehr in der Bilanz zeigen. Das verbessert die Verkaufsaussichten und die Chancen auf bessere Ratings. Achim Kann geht ein überschaubares Risiko ein. Focke beziffert allein den Wert des Lebens-Rückversicherungsteils auf 450 bis 500 Mio. Euro.

Kann werde versuchen, die manchmal Jahrzehnte dauernde Abwicklung durch so genannte Kommutationen zu beschleunigen, sagte Focke. Dabei bietet ein Rückversicherer Kunden an, Verträge mit langen Haftungszeiten – zum Beispiel in der Produkthaftung – gegen Zahlung eines Teils der Schadenreserven aufzulösen.

Die knapp 1000 Beschäftigten würden vom Käufer zunächst weiter beschäftigt. „Es handelt sich um einen Betriebsübergang.“ Allerdings sei ein Personalabbau unvermeidbar. Das gelte auch für die Zentralbereiche des Gerling-Konzerns, der plötzlich fast die Hälfte weniger Umsatz macht.

Zitat:

„Im Erstversicherungsgeschäft stehen wir gut da“ – Gerling-Chef Heinrich Focke

Bild(er):

L wie Lago Achte: Der Gerling-Konzern gibt seine Rückversicherungsgruppe an die von Achim Kann kontrollierte GmbH ab – Fotocredit.

Quelle: Financial Times Deutschland

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