Großkonzerne arbeiten an Alternative zur Allianz “ Zusammengehen mit HDI wird unwahrscheinlicher
Von Herbert Fromme, Köln Die Führung des Kölner Gerling-Konzerns macht sich neue Hoffnungen auf ein Weiterbestehen als unabhängiger Industrieversicherer. Deutsche Konzerne bereiten nach Informationen der Financial Times Deutschland die Gründung einer Beteiligungsgesellschaft vor, die als Aktionär bei Gerling einsteigt.
Die beiden Gerling-Eigner Deutsche Bank (34,5 Prozent) und Rolf Gerling (65,5 Prozent) haben den Konzern zum Verkauf gestellt. Die Deutsche Bank will möglichst rasch ganz bei Gerling aussteigen. Rolf Gerling hatte sich im März verpflichten müssen, die Mehrheit aufzugeben, nachdem er bei einer dringend benötigten Kapitalerhöhung nicht mitziehen konnte.
Nach der Übergabe des verlustreichen und zum großen Teil in Abwicklung befindlichen Rückversicherers Gerling Globale Rück an den Manager Achim Kann sei nun der Weg frei, hieß es in Versicherungskreisen weiter.
Jetzt könnten die Gespräche zwischen Gerling-Eignern und Industrie über den verbleibenden Kern der Gruppe, der im Wesentlichen aus der Industrieversicherung und der betrieblichen Altersversorgung besteht, rasch Fortschritte machen. Die erfolgreiche Kreditversicherungstochter könnte separat verkauft werden.
Verhandlungen der beiden Gerling-Aktionäre mit dem Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI), dem drittgrößten Industrieversicherer, stagnieren dagegen. Die gegenseitige genaue Unternehmensprüfung (Due Diligence) ist zwar abgeschlossen.
Aber HDI-Chef Wolf-Dieter Baumgartl hat in der vergangenen Woche nicht, wie erwartet, ein Angebot vorgelegt. Stattdessen haben sich HDI und Gerling-Aktionäre auf Februar 2003 vertagt. „Nur wenn der direkte Einstieg der Industrie nicht zustande kommt, hat HDI noch eine Chance“, hieß es in den Kreisen weiter.
Stellung nehmen wollte niemand beim Kölner Konzern. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass der Gerling-Aufsichtsrat schon am Donnerstag über das Interesse der Industrie beraten wird.
Ob der Einstieg der Industrie Realität wird, hänge von der Summe des eingesammelten Kapitals für die Beteiligungsgesellschaft ab, hieß es in Unternehmenskreisen. Gerling-Chef Heinrich Focke hatte in der vergangenen Woche den Wert des Konzerns mit 2 bis 3 Mrd. Euro beziffert.
Die deutsche Großindustrie will Gerling, die Nummer zwei im Markt, als selbstständiges Gegengewicht zum übermächtigen Marktführer Allianz erhalten. Schon im Mai dieses Jahres hatten Finanzchefs großer Konzerne unter Führung der BASF über ein finanzielles Engagement bei Gerling diskutiert, um die Selbstständigkeit des Konzerns zu erhalten.
Der Plan des HDI-Chefs Baumgartl sieht dagegen vor, dass die Gerling-Obergesellschaft Gerling-Konzern Beteiligungs-AG mit der HDI-Zwischenholding Talanx in Hannover unter Führung des HDI zusammengelegt wird. Die Deutsche Bank und Rolf Gerling würden mit Talanx-Aktien und einer Barsumme abgefunden.
Für den Kaufpreis hätte der HDI mehrere Quellen: Er strebt für 2002 einen Jahresgewinn nach Steuern von mehr als 300 Mio. Euro an. Die Gruppe erwägt auch den Zwischenverkauf von 20 Prozent am Rückversicherer Hannover Rück an eine Investmentbank, die das Paket halten soll, bis bessere Zeiten an der Börse herrschen. Außerdem setzt Baumgartl auf Darlehen von der Citibank und möglicherweise von der deutschen Industrie.
Zitat:
„Nur wenn der Einstieg der Industrie nicht zustande kommt, hat HDI noch eine Chance“ – Versicherungsmanager
Bild(er):
Mopedfahrer vor dem Hauptsitz des Gerling-Konzerns in Köln. Deutsche Großkonzerne wollen bei dem Industrieversicherer einsteigen – Henning Kaiser.
Quelle: Financial Times Deutschland
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